Sie blühten in den 1950er bis 1970er Jahren, bei ihrer Planung trafen Hoffnungen auf gesellschaftliche Erneuerung und administrative Technokratie zusammen. Seit den 1970er Jahren gerieten sie in die Kritik: Ihre Planung sei menschenfern; der abstrakte Blick von oben aufs Modell habe ihren Massstab bestimmt, und nicht die Perspektive der Bewohnerinnen und Bewohner, nicht die Ebene der Fussgänger, am wenigsten die der Kinder. Durch die einseitige Belegung mit Sozialwohnungen und den fehlenden Anschluss an die Stadt mutierten Grands Ensembles vielerorts in Europa zu Sonderwelten, eigentlichen Ghettos. Dabei fällt unter den Tisch, dass viele Grosssiedlungen, zumal in der Schweiz, durchaus mit ganzheitlichem Blick realisiert worden sind – mit Schulen, Läden, Gemeinschaftszentrum – so etwa das Tscharnergut in Bern oder das Telli in Aarau. Innen- und Aussenbild klaffen weit auseinander: Die Bewohner wissen das Wohnen in der Höhe, sogar die Anonymität, zu schätzen. Grosssiedlungen sind für viele Menschen Heimat. Ihre Kritiker kennen die «Betonmonster» dagegen meist nur von Ferne.
Novi Beograd war einst eine strahlende neue Stadt, gebaut als sozialistische Neugründung im Kontrast zur historischen Hauptstadt jenseits der Save. Heute unterliegen die Bauten in der Rasterstadt einem schleichenden Zerfall. Hinter den maroden Fassaden aber organisieren sich die Menschen nachbarlich, helfen einander, renovieren und gestalten ihr Lebensumfeld – so, wie das der Sozialismus nicht für möglich gehalten hätte und wie es doch immer auch der Fall war. Eine Reportage und ein Lehrstück über urbanistische Resilienz.
Das Amsterdamer Quartier Bijlmermeer kennt man vielleicht noch von den Katastrophen-Bildern, als ein Jumbo-Jet dort eine halbe Häuserzeile und viele Leben ausradierte. Dem Absturz folgte der systematische Abbruch dieses Grand Ensemble, bis auf ein paar Bauten, für deren Erhalt sich die Bewohner einsetzten. Eine Zeile ist nun für einen Euro verkauft und in günstiges Wohneigentum verwandelt worden. Es scheint, als hätte die Konversion das Moderne dieser Anlage erst richtig zum Leben erweckt.
Originaltext Flämisch
Marcel Meili und Markus Peter haben schon vor ihrer Bürogründung zusammengearbeitet, und zwar an der Luzerner Satellitenstadt Ruopigen, im Büro von Dolf Schnebli. Das Interesse an der räumlichen Wirksamkeit von Konstruktion und Komposition generierte viel Wissen um die Grosssiedlungen französischen und schweizerischen Zuschnitts, was in zwei Sanierungsprojekte mündete. In Göhnerswil vor zehn Jahren und aktuell beim Telli in Aarau geht es um Strategien im Umgang mit Beton, Raster und Geschichte. Und im Gespräch auch um die Zukunft des grossen Massstabs.
Gemeinde, Kanton und über 30 Grundeigentümer müssen zusammenwirken, damit die gealterte Überbauung Hohrainli am Flughafen nach einem Gesamtkonzept von yellow z, Ueli Zbinden und Manoa sozial und wirtschaftlich nachhaltig saniert werden kann.
Im Berner Westen sollte die stadtbildprägende Grosssiedlung Tscharnergut von Hans und Gret Reinhard im Rahmen eines komplexen Vertragswerks Haus für Haus erneuert werden. Im Moment aber tobt ein Kampf um die eigentlich unbestreitbare Schutzwürdigkeit dieses Ensembles.
In der Peripherie taugen statt Rezepten nur massgeschneiderte Planungsansätze. Winterthurs ehemaliger Stadtbaumeister Michael Hauser antwortet auf Jürg Sulzers Beitrag Stadtquartiere statt Siedlungen.
Die Stadt Genf soll für 260 Millionen Franken einen neuen Konzertsaal erhalten. Städtebauliche Situation und Raumprogramm waren in diesem Verfahren so diffus wie komplex, denn es galt, auch eine Musikschule auf dem Parkgrundstück unterzubringen. Originaltext Französisch
Kann man Grundeigentümer zum Bauen zwingen? Dominik Bachmann erörtert knifflige Fragen zum neuen Gesetz gegen die «Baulandhortung».
Drei Bücher zum Wohnen: Daniel Kurz bespricht drei ganz verschiedene Neuerscheinungen von Dominique Boudet, von Christoph Wieser und Heinz Wirz sowie der Wüstenrot-Stiftung zum jüngeren Wohnungsbau. Dabei geht es um Grundrissinnovation, um soziale und um städtebauliche Praxis.
In Nürnberg veranschaulichen Muriel Hladik und Axel Sowa die Bedeutung des Teehauses für die aktuelle japanische Architektur, und in Salzburg zeigt Walter Niedermayr eine fotografische Recherche zu Kultur und Ort im Fleimstal in Trentino-Südtirol.
Hans Peter Baur, 1922 – 2017
Manuel Herz baute im Garten einer Zürcher Villa ein Wohnhaus gehobenen Standards. Halb Skulptur und halb Maschine, gibt es mit einer beweglichen Fassade den Hintergrund für die umtriebige Kunststiftung in der Nachbarvilla und sichert über seine Rendite deren Betrieb.
Im Süden von Paris entsteht zwischen Feldern ein neuer Stadtteil der Forschung. Den zentralen Platz prägen zwei Bauten von OMA/Rem Koolhaas und Gigon/Guyer. Beide verorten das Lernen, Lehren und Experimentieren in einer hyperurbanen Umgebung von ganz unterschiedlichem Zuschnitt.
Crèche à la Chapelle-Les Sciers in Lancy von Lacroix Chessex, Genève
Originaltext Französisch
Crèche Origami in Genf von group8, Genève-Sécheron
Originaltext Französisch