Das Relief von Pfeilern, Lisenen und Gesimsen verlieh Bauten in der Geschichte besondere Bedeutung und Kraft. Wo das Relief sich als Loggia oder Veranda zum Raum weitet und zur begehbaren Zone wird, legt sich die Fassade Tiefe zu. Wir kennen dieses Phänomen aus der Antike: vom Säulenkranz griechischer Tempel. Bei einem profanen Bauwerk verlängert ein solcher Bereich zeitlich und räumlich den Eintritt oder das Verlassen, er verleiht der Ankunft und dem Abschied einen feierlichen Rahmen. Darüber hinaus ist er auch ein Ort zum Verweilen: im öffentlichen Bau wie im privaten Haus. Was wäre ein solcher Raum ohne das natürliche Licht, das ihm erst die Konturen verleiht? Schwellenräume sind von eminenter Bedeutung im Wohnumfeld und gewinnen in der dichter werdenden Stadt noch zusätzlich an Gehalt. Loggien, Balkone und Veranden sind Pufferzonen der Verdichtung. Geschickt eingesetzte Regulierungsmöglichkeiten von Ein- wie Ausblick ermöglichen Abgrenzung oder Exposition nach Bedarf. Das ist oftmals entscheidend für ein gelungenes Miteinander in der Nachbarschaft. Der Raum zwischen dem Innen und Aussen kleidet das Haus, und dieses Kleid wird durch Licht und Schatten erst lebendig. Die Fassade ist nicht nur Passage und Ort, sondern verweist auch auf ihr Dahinter, die Funktion. Eine tiefe Fassade signalisiert Offenheit, ist einladende Geste. Gerade in der Sockelzone vermag ein Bau etwas für die Stadt zu leisten, sei es mit Portikus oder Vordach: Der Schatten macht die Differenz.
Das Gebäude für eine neue technische Universität in Lima entfaltet Stimmigkeit dank seiner Betonkonstruktion, in die mit grosser Virtuosität geschlossene und offene Räume, Brücken, Korridore und Treppenhäuser verschiedener Dimensionen eingewoben werden. Tiefenwirkung, Rhythmus und Proportion sorgen für ein einzigartiges Raumerlebnis.
Zurückgezogen hinter einer harten Schale öffnen sich die Fenster von Eric Lapierres Wohnhäusern in der ZAC Berthelot in Lyon auf die geräumigen Loggien. Von aussen sind nur deren rhythmisch angeordnete, nicht verglaste Öffnungen sichtbar. Dieser Rückzug ermöglicht es, bauliche Nähe zu moderieren, und die Loggien erweitern die kleinen Wohnungsgrundrisse.
Am Stadtrand von Lörrach begrenzt die Betonhülle eines Einfamilienhauses von Buchner Bründler die Ein- und Ausblicke. Eine Schattenfuge trennt sie vom Erdboden und zeigt: Die Hülle ist eigentlich ein tief gezogenes Dach. Im hölzernen Inneren herrscht eine überraschende Fülle von Licht.
Wie erhält die fast fensterlose Fassade eines Museums Würde, Massstab und räumliche Tiefe? Ein Betonrelief in dunklen Tönen ist die Antwort von Meili Peter Architekten am Erweiterungsbau des Sprengel Museums in Hannover. Eine ausgeklügelte Oberlichtkonstruktion und «tanzende» Ausstellungsräume komplettieren das Werk.
Der Begriff für das Spiel von Licht und Schatten stammt aus der Malerei der Renaissance; im 19. Jahrhundert übernahm ihn der romantische Erneuerer John Ruskin für die Architektur. Als Ausdrucksmittel und Abbild konstruktiver Notwendigkeiten ist das Fassadenrelief ein zentrales Entwurfsthema in der Architektur. Dass seine Verwendung nicht beliebig erfolgen kann, dass das Fassadenrelief vielmehr öffentliche Bauten an besonderen Standorten auszuzeichnen hat, zeigt ein Exkurs in die italienische Nachkriegsarchitektur.
Christian Kerez kristisiert in seiner Zuschrift unsere Kritik an seinem Biennale-Beitrag.
Im Meer der Bilder und Referenzen drohen die Kernthemen von Architektur zu ertrinken, warnt Architektin Astrid Staufer: nämlich Inhalt, Raum und Konstruktion. Ist das Geschichtenerzählen ein Ausweg aus der Bilderflut?
Wie lässt sich im mittelalterlichen Kern von Rheinfelden, direkt an der Rheinbrücke, ein Grosskomplex mit Hotel und Klinik einfügen? Das Siegerprojekt von Miller & Maranta löst die volumetrischen Probleme, urteilt Martin Tschanz, doch mit der schematisch-abstrakten Fassade leistet der projektierte Neubau zu wenig Eigenes.
Die funktionalen Bedürfnisse der Nutzer haben den Vorrang vor dem Urheberrecht des Architekten, urteilt das Bundesgericht mit einer wenig plausiblen Begründung, meint Isabelle Vogt.
Ein unverzichtbares Standardwerk ist die neu erschienene Geschichte der Landschaft in der Schweiz, findet Chefredaktor Daniel Kurz. Ausserdem für Sie gelesen: zwei gewichtige Sammelwerke zum dichten Wohnen im Low-rise wie auch im High-rise.
Zwei Ausstellungen in Zürich: Das Kunsthaus zeigt Architektur im Bild, das Institut gta eine Schau über den japanischen Architekten Kazuo Shinohara, dem wir 2015 ein monografisches Heft widmeten.
Sie brauchen das Chaos und nutzen die Stadt als Spielplatz: Parkourläufer springen halsbrecherisch über Stützmauern, hangeln sich an Geländern hoch und entwerfen mit dem Körper. Kolumne online lesen
Mit knapp hundert Metern Spannweite ist es ein Dach der Superlative: Die Canopée deckelt den täglichen Ansturm von 750 000 Passagieren auf die zentrale Infrastruktur-Drehscheibe Les Halles in Paris.
Seit 2005 arbeiten Joshua Bolchover und John Lin in ihrem Projekt Rural Urban Framework (RUF) an der University of Hong Kong zusammen. Sie engagieren sich mit Projekten am gesellschaftlichen Rand im chinesischen Hinterland: mit dörflichen Schulen, Spitälern, Brücken und Gemeinschaftszentren.