Wie wohl kein anderes Bauteil halten Balkon und Loggia eine Mittlerposition inne: Sie sind sowohl der Wohnung im Sinne eines privaten Aussenraums als auch der unmittelbaren Nachbarschaft zugehörig. Während im einen Fall Bedürfnisse der Aufenthaltsqualität und Intimität ausschlaggebend sind, dominieren im anderen die Fragen nach dem repräsentativen Ausdruck und wohlproportionierten Ausblick. An beiden Enden der Formatierungsskala von Balkonen und Loggien finden sich der gestapelte, mehr oder weniger an das Gebäude gebundene Aussenraum, der zwischen Schublade und Baumhaus changiert und als Gegenteil davon die komplett in den Wohnraum eingestülpte Loggia. Antworten auf diese mannigfaltigen Anforderungen an eines der komplexesten Bauteile der Architektur offeriert dieses Heft.
Loggien und Balkone nehmen bei der Vermarktung im Wohnungsbau eine immer wichtigere Rolle ein, ihre Gestaltung und Integration am Gebäude wird aber oft stiefmütterlich behandelt. Eine wohnliche Architektur in städtisch verdichteter Umgebung muss aber gerade an der Schwelle zwischen Innen und Aussen, Privatem und Öffentlichem und zwischen Komfort und Repräsentation ihre Themen finden.
Ein rot-braunes Betonskelett, endlos sich wiederholende riesige Ellipsen und überdimensionierte quadratische Stützen bestimmen das Bild des neuesten Baus von Valerio Olgiati. Das elementare Gerüst erinnert an die autonomen Strukturen von Livio Vacchini, die wie aus sich selbst geschaffen scheinen, unabhängig ihrer Funktion und ihres Kontextes. Beim genauen Hinsehen entpuppt sich die einheitlich wirkende Struktur Olgiatis als ein komplexes differenziertes Gebilde.
Mehr Stadt, mehr Architektur, offene Grundrisse und vor allem grosse und räumlich differenzierte private Aussenräume locken ein neues Publikum von zentralen Wohnlagen an den Stadtrand. Bei verhältnismässig tiefen Mieten werden in der Siedlung Frohheim Wohnansprüche befriedigt, wie sie bislang besseren Lagen vorbehalten waren.
Wohnungsbau scheint in den 10er-Jahren des 21. Jahrhunderts kompakt sein zu müssen, um alle energetischen Vorschriften einzuhalten und gleichzeitig wirtschaftlich zu sein. Das hier präsentierte Beispiel formuliert eine Gegenthese.
Die steigende Nachfrage nach dem privaten Aussenraum hält gleichzeitig auch neue Konflikte und Widersprüche bereit. Das lässt einerseits den Flächenbedarf für Loggien und Balkone anwachsen, andererseits steigen auch die Anforderungen an dieses Bauteil stetig. Fragen zu den wichtigsten Tendenzen beim privaten Aussenraum konnten wir mit Praktikern des Wohnungsbaus aus unterschiedlicher Perspektive erörtern.
Selbstgebranntes. Individuell hergestellte Keramik
Performance Baudenkmal. Projektwettbewerb Erneuerung Kunstmuseum St. Gallen. 1. Rang PARK Architekten, Zürich
Sechzig Zentimeter mehr. Umbau von vier Reihenhäusern in Winterthur von Elias Leimbacher Architektur, Winterthur
Hamam statt Bad. Transformation der Badekultur im Volkshaus Zürich von Felder Architektur
Mehr als weisse Bänder. Büro- und Technikgebäude für Roche von Christ & Gantenbein, Basel
Kunstmarkt Architektur. Autorenarchitektur und Werthaltigkeit von Marcel Scherrer