1/2 – 2013

Pavillons

Architektur ist gewöhnlich eng definiert durch wirtschaftliche Kennzahlen und funktionale Zwänge. Mehr Freiheit herrscht beim Entwerfen kleinerer, oft nur saisonal oder noch kürzer bespielter Bauten: der Pavillons. Ihre geringe Grösse ermöglicht einen Überschuss an gestalterischer Investition. Begrenzte Spannweiten, dünne Hüllen und überschaubare Kosten erlauben kühne Experimente mit Konstruktion, Raum und Material, getrieben von der Suche nach dem Neuen. Pavillons dienen oft keinem existenziellen Bedürfnis, sondern der Kultur, dem Landschaftserlebnis oder der Geselligkeit. Man findet sie dort, wo die Menschen entspannter unterwegs sind, flanierend ihre Zeit vertreiben: in Gärten und in Parks. Gerade darum haftet ihnen etwas Leichtes an – diese Unbeschwertheit ist mit einer besonderen Lust an der Verwandlung verbunden. Unterschätzt wird aber oft das Potenzial kleiner Bauten zur Verwandlung städtischer Situationen: Pavillons ziehen auf Plätzen und im öffentlichen Raum die Blicke auf sich, sie ordnen und beherrschen den umgebenden Raum wie frei aufgestellte Skulpturen. Und sie definieren den Massstab grösserer Bauten.

Im Sommer 2012 landete der Pavillon des BMW Guggenheim Labs, entworfen vom Tokioter Atelier Bow-Wow, auf dem Berliner Pfefferberg.

Zwerge der Baukunst

Sieben Erscheinungsformen der Baukunst

Roland Züger

Pavillons sind eine klassische Aufgabe der Architektur, trotzdem entziehen sie sich einer genaueren Definition. Eine Auslegeordnung von sieben Motiven versucht eine Annäherung: über das scheinbar Bekannte, über das Bild der Urhütte, über die Erscheinung als Infrastruktur, über den Hang zum Ephemeren, über den Auftritt bei Ausstellungen, über die Vorliebe zum Experiment und schliesslich über den Wunsch zur Verpuppung und zum Weiterflug.

Im Rokoko-Park von Balthasar Neumanns Schloss Veitshöchheim bei Würzburg von 1760 steht das so genannte «Grottenhaus». Es verbindet die Lust an der feucht-kühlen Höhle toskanischen Vorbilds mit dem darauf platzierten, extrovertierten Pavillonbauwerk.

Geborgte Offenheit

Pavillons in Gärten

Albert Kirchengast

Die Geschichte des Gartenpavillons kann auch als Geschichte der Verschiebung und Maskierung von Grenzen erzählt werden. Der freie Blick aus dem «offensten Bauwerk» bleibt innigst mit der Umfriedung in Form der Gartenmauer verknüpft. Beim Spiel mit der Entgrenzung stehen die Glaspavillons der Moderne daher in guter Tradition.

Einkehr und Geselligkeit

Soziale Akkumulatoren und Fixpunkte im urbanen Kontext

Jan Geipel

Bildhafte Zeichen, Orte des Vergnügens, der Bildung und des Rituals: Pavillonartige Bauten spielen in Japan geschichtlich wie aktuell eine vielschichtige Rolle als Antrieb, Ausgleich und Vermittlung sozialer Tätigkeit und gemeinschaftlichen Erlebens. Eine Reportage.

Die Sculpture habitacle 1 (1962) war aus Gips gebaut und stürzte bald wieder ein.

Sculptures habitacles

Die Experimente des André Bloc

Axel Sowa

Neben seiner Tätigkeit als Architekturpublizist wurde Bloc in den 1940er Jahren als Bildhauer bekannt. Seine berühmte Werkgruppe «Sculptures habitacles» steht noch heute im Garten seiner damaligen Villa in Meudon. Dort trotzen sie beharrlich den Bedingungen der Schwerkraft und der Witterung und behaupten sich mit aller Kraft als Kunstwerke.

Passivität in Lehm: gestampft bei den Wandstücken vor der Veranda (links), als Verkleidung an der Stirnfassade. Hortpavillon Allenmoos von Roger Boltshauser.

Aus dem Boden gewachsen

Hortpavillon Allenmoos in Zürich von Roger Boltshauser

David Ganzoni, Beat Bühler (Bilder)

Das Pavillonschulhaus gehörte zum Eisernen Bestand der Moderne: Ein kindgerechter Massstab und der freie Zugang zu Licht, Luft und Sonne vereinten pädagogische und hygienische Forderungen der Zeit. Beim Umbau eines Hortpavillons gab Roger Boltshauser dem kleinen Bau erdige Schwere.

Elementare Kleinbauten von LVPH Architekten im verwilderten Landschaftsgarten.

Partikel im Park

Marie Theres Stauffer, Jerôme Humbert (Bilder)

Minimal ausgestattete Kleinsthäuser von LVPH Architekten ermöglichen in Fribourg den Unterhalt eines herrschaftlichen Anwesens.

Die Mini-Gartenlaube MiLa des Berliner Architekturbüros «Hütten und Paläste».

Weite durch Konzentration

Laubenhäuser als architektonische Herausforderung

Christine Rüb

Die Gartenhaus-Typen des Berliner Architekturbüros «Hütten und Paläste» reizen die Themen Kleinheit, Dichte und Multiprogrammierung aus.

Das Parkhaus von Zach + Zünd Architekten unter dem Zürcher Sechseläutenplatz mit räumlicher Verbindung von Platz und Parkhaus.

In alle Richtungen

Caspar Schärer, Michael Haug (Bilder)

Das Parkhaus von Zach + Zünd Architekten unter dem Zürcher Sechseläutenplatz ist dank zweier Pavillons Teil des Stadtraums geworden.

Konzeptdarstellung: Ein Pavillon, der verschwindet von netwerch.

Servitevi!

Claude Enderle, netwerch (Bilder)

Der Schweizer Beitrag für die Expo Milano 2015 von netwerch hinterfragt spielerisch die „Marke Schweiz“ in der Welt und die Gesetze der Konsumgesellschaft.

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Material

Ein dickes Ding. Vom Wesen heutiger Einsteinmauerwerke

Wettbewerb

Verstärker der Komposition. Pavillon-Wettbewerb für die EPFL in Lausanne
Originaltext Französisch

Meinung

Siedlung oder Stadt? Eine Replik

Bauten

Fröhlicher Modernismus. Ein Wohn- und Gewerbehaus in Erlenbach von Christ & Gantenbein

Innenarchitektur

Ein Büro für die letzte Reise. Das Friedhof-Forum Sihlfeld in Zürich von Bosshard Vaquer Architekten

Ausbildung

Architekt/in FH, wer bist Du? Absolventen der Fachhochschulen in der Praxis. Artikel online lesen

Nachruf

Flora Ruchat-Roncati (1937–2012)

bauen+rechten

Abruf einer Baugarantie

Lettenhalle Diessenhofen: Hauptansicht, rechts der Eingang mit Foyer, im Hintergrund der Bahndamm.

werk-material 12.01 / 608

Im Fell eines Giganten

Marko Sauer

Mehrzweckhalle in Diessenhofen von Graf Biscioni Architekten, Winterthur

Sportzentrum Sargans: Ansicht von Norden.

werk-material 12.01 / 609

Handwerk und Technik

Søren Linhart

Sportzentrum Sargans von blue architects & Ruprecht Architekten, Zürich

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