Die Villa war ein Vorposten der Stadt und der Herrschaft in ländlicher Umgebung. Ob in römischer Zeit oder, nach der Befriedung des Landes, wiederum in der Renaissance: Villenbewohner waren stets Städter, die hier eine adlige Lebensweise übten und die Villa ein Ort, der Herrschaft über ein Umland repräsentierte – und dieses in seiner Bewirtschaftung und Symbolik oftmals veränderte. Seit Palladio sind Villen Vorbilder der Architektur, sie verkörpern exemplarisch die Paradigmen eines bestimmten Stils, einer Epoche. Mit Thomas Jefferson, Hermann Muthesius, Frank Lloyd Wright, Le Corbusier, Jørn Utzon und Rem Koolhaas – die Liste lässt sich erweitern – war die Villa ein Versuchsobjekt, das Utopie und individuelle Lebensgestaltung gleichermassen zusammenbrachte. Beides, Allgemeines und Spezifisches, liegt aktuellen Villen-Entwürfen nach wie vor zu Grunde; die Globalisierung hat aber die Verhältnisse geklärt: Hier das Versprechen und der repräsentative wie bequeme Mainstream einer weltweit beschäftigten Klasse – dort das Futteral der Seele im global vernetzten Kunst- und Architekturmarkt.
Im 19. Jahrhunderts wird die Villa zum Synonym für eine genuin bürgerliche Lebensweise. Das Beispiel Dresdens zeigt, wie die Villa von den Rebhängen am Elbufer auf die frei gewordenen Areale der Stadtbefestigung und weiter in die Innenstadt «wandert». Auf diesem Weg verändert sich die Architektur und die innere Organisation, während der konkrete Landschaftsbezug einem artifiziell-gärtnerischen Landschaftsbild weicht.
Der Bau einer Villa ist immer auch eine intensive Auseinandersetzung mit den Wünschen und Vorstellungen des Bauherrn: Das Haus wird zum Futteral der Seele. Was aber geschieht, wenn zwei starke Autoren-Handschriften aufeinandertreffen? Andreas Fuhrimann und Gabrielle Hächler berichten von ihren Erfahrungen mit einem international tätigen Künstler.
Die von der flämischen Architektin Marie-José Van Hee entworfene Villa fasst ihr über dreissigjähriges Schaffen kongenial zusammen: In der flachen, dem Meer abgerungenen Landschaft der niederländischen Provinz Zeeland schuf Van Hee ein kontrastreiches Haus von hoher Alltagstauglichkeit und fast zeremonieller Würde.
Das schmale Grundstück bot den Architekten Lacroix Chessex wenig Spielraum; und so galt es, Raum und Konzept des Hauses maximal zu konzentrieren. Die Konstruktion beruht auf der Stapelung zweier «Tische» mit auffallend massiv wirkenden Geschossplatten und schmalen Wandscheiben. Trotz ihrer geringen Grösse setzt die Villa als klar umrissene Betonskulptur ein kraftvolles Zeichen in der Landschaft des Plateaus de Vessy.
Wie der junge Architekt in Viollet-le-Ducs Histoire d’une maison erhielt Charles Pictet von den Bauherren dieser grossen Villa nur knappe Hinweise zum gewünschten Programm – und alle erdenkliche Freiheit in der Ausführung. Das Innere wie das Äussere des Hauses entziehen sich in ihrer unregelmässigen Gestalt einer einheitlichen Wahrnehmung und sind – wie in einer Kamerafahrt – nur in der Bewegung zu erfassen.
Die Casa Tonini von Bruno Reichlin und Fabio Reinhart gilt als Inkunabel der Postmoderne. 1974 vollendet, trug sie wesentlich zur internationalen Bekanntheit der Tessiner Tendenza bei. Vierzig Jahre nach der Fertigstellung haben unsere Autoren das Haus im biederen Einfamilienhausquartier von Torricella besucht: Der Bau hat an Aktualität nichts eingebüsst; wie eine geöffnete Zeitkapsel überbringt er uns seine besonderen Qualitäten zwischen idealer Geometrie und gelebter Wirklichkeit.
Nur gerade vier von 37 Professuren am Departement Architektur der ETH Zürich sind zurzeit von Frauen besetzt. Bei der anstehenden Neubesetzung mehrerer Stellen muss dieses Missverhältnis geändert werden, fordert Susanne Schindler. Artikel lesen
Standard Nachhaltiges Bauen in der Schweiz – Hanspeter Bürgi sieht im neuen Standard ein Instrument zur Sicherung der Baukultur. Debatte online lesen
Im Studienauftrag für das Stapferhaus in Lenzburg galt es Ausstellung, Produktion und Verwaltung im neuen «Haus der Gegenwart» zu vereinen.
Nach der Abstimmung über die Masseneinwanderung ist der Erklärungsbedarf der Agglomeration exponentiell gestiegen. Joris Van Wezemael bespricht eine aktuelle Textsammmlung, herausgegeben von Georg Kreis.
Zwei Ausstellungen im New Yorker MoMA feiern die Architektur Lateinamerikas
Nur eine kleine Bushaltestelle und ein Anschlagbrett für Veranstaltungen: Mit einem gebogenen, rostigen Stahlblech haben die Architekten Barão Hutter eine poetische Insel im baulichen Niemandsland des St. Galler Rheintals geschaffen. Eine Spurensuche und ein Reisebericht.
Seit Maurizio Ferraris vor zwei Jahren sein Manifest des Neuen Realismus veröffentlicht hat, ist dieser auch bei Architekten in aller Munde. Doch was heisst «Neuer Realismus» in der Architektur genau? Und was an ihm ist wirklich neu – und was vor allem lässt er hinter sich? Ein Foto- und ein Textessay versuchen diese Fragen je zu beantworten.