9 – 2015

Umbauen

Bei der Sichtung von Projekten zur Vorbereitung dieses Hefts stapelten sich Dokumentationen, die vor allem durch eine Gemeinsamkeit aufgefallen sind: ihre Heterogenität. Diese ist unmittelbar bedingt durch die Veränderung eines bestehenden Gebäudes. In einem Umbau kommen Neues, Altes, Funktionierendes und Obsoletes zusammen; stilistisch reines «Baumaterial» und die zahllosen Stufen seiner Degradierung oder Erosion werden nur noch durch die Zeit vereint. So sind einige Entdeckungen auszumachen: Projekte, die spielerisch mit dem Bestehenden umgehen, es mit neuen Dingen und neuem Gebrauch anreichern, zugleich das Neue aber auch im alten Sinn weiterführen. Die meisten der Umbauten in diesem Heft sind aus Nutzungsänderungen hervorgegangen. Und viele Ursprungsbauten waren noch nicht wirklich alt – Youngtimer würde man sie nennen, redeten wir hier von Gebrauchtwagen. Wie beim Auto gleicht der Umbau oftmals einer Bastelei; eine Tätigkeit, die mit viel Zeit und grossem Einfühlungsvermögen vor sich geht. Das Neue, das daraus entsteht, würde als Neubau niemals so geplant. 

Büros famous: Eine Glaswand ersetzt die tragende Wand; die Farbe der Fensterprofile verweist auf die vorgefunden Farben
der Räume dahinter. Ein Umbau von De Vylder Vinck Taillieu.

Occasion

Fünf Aphorismen und sieben Umbauten von De Vylder Vinck Taillieu

Jan De Vylder, Filip Dujardin (Bilder)

Ein gebrauchter Bau ist wie ein Occasionswagen: Durchaus eine Chance, vielleicht sogar eine grosse Liebe. Kleine Dinge, in neuem Licht gesehen, bringen interessante Konzepte und Kontexte hervor. Das Bauen im Bestand ist keine Frage von Alt und Neu – sondern eine der Beständigkeit: So gesehen beginnt Architektur dort, wo Veränderung sichtbar wird.

Originaltext Holländisch

Rauminszenierung in der mehrgeschosigen Eingangshalle der Halle 181 in Winterthur. Umbau von Kilga Popp Architekten.

Schichten und Geschichten

Umbau Halle 181 in Winterthur von Kilga Popp Architekten

Christoph Wieser, Jürg Zimmermann (Bilder)

Der Umbau der alten Blechwerkstatt ist die jüngste Schicht im Palimpsest des Winterthurer Sulzerareals. Kilga Popp Architekten operieren dabei mit einer bildhaften Anverwandlung der vor Ort gefundenen Themen. Ein aufgesattelter Dreigeschosser setzt der alten Werkhalle die Krone auf, und ein imposanter Wintergarten als Klimabarriere verschafft dem Bau einen selbstbewussten Auftritt übers Gleisfeld hinaus.

Blick in die möblierten Zimmer im 2. Obergeschoss von Haus B der Rennbahnklinik in Muttenz von sabarchitekten.

Radikal einfach

Studentenwohnen in der Rennbahnklink

Daniel Kurz, Julian Salinas (Bilder)

Ein leer stehendes Geschäftshaus in Muttenz BL haben sabarchitekten für studentisches Wohnen umgebaut. Die Zwischennutzung erzwang ein enges Kostenkorsett. Die Architekten machten diese Einschränkung zum Thema; es enstand ein radikal einfacher Umbau im Sinne der Arte povera.

Sheds, Fachwerkträger und nur eine Stütze: Rangierfläche für das Gerät der Swisscom. Die Struktur blieb erhalten, in das Luftvolumen
sind jetzt Turnhallen eingebaut.

Logistik für den Körper

Einbau von sechs Turnsälen in eine Logistikhalle in Sion, Berclaz-Torrent und Nunatak Architectes

Tibor Joanelly, Michel Bonvin (Bilder)

Der neue Sportkomplex mit sechs Turnsälen wurde mitten im Industriegebiet von Sion in eine alte Swisscom-Halle eingebaut. Mit dem Programm füllen die Architekten Berclaz-Torrent und Nunatak die bestehende Struktur bis auf den letzten Zentimeter auf, die Folg sind hohe Funktionalität und räumliche Sprödheit. Warum aber wird man in einem Bau der öffentlichen Hand so schlecht geführt und verläuft sich?

Die Werkstatt der alten DDR-Landwirtschaftsbetriebs musste teilweise ersetzt werden und ist dank neuem Kleid zur
Einheit verschmolzen: Umbau in der Uckermark von Thomas Kröger.

Umgebaute Uckermark

Drei Häuser in Nord-Brandenburg von Thomas Kröger

Florian Heilmeyer, Thomas Heimann (Bilder)

Der Ausflug in die Uckermark ist gleichzeitig das Büroportrait des jungen Berliner Architekten Thomas Kröger. Die hier vorgestellten drei Bauten, darunter ein Neubau, sind allesamt von einer direkten, unprätentiösen Haltung geprägt. Alle drei entwickeln sich kraftvoll aus dem Vorgefundenen und machen die Weiten der Landschaft mit Händen greifbar.

Rückgrat des Hauses der Business School in London ist die grosszügige Treppe, die sich im ehemaligen Innenhof emporschraubt. Unter dem rohen Sperrholz
verstecken sich massive Stahlträger, da die geschützte Backsteinfassade keine Lasten aufnehmen konnte. Umbau von Sergison Bates.

Herb bis leicht

Business School in London von Sergison Bates

James Payne, Kristien Daem (Bilder)

Mit dem Umbau der alten Brauerei in eine elitäre Wirtschaftsschule zeigen Sergison Bates Architects, dass eine rohe Materialisierung den Charme des Bestands befruchten kann. Die entspannte, aber sorgfältig zusammengefügte Assemblage vorgefundener und neuer Elemente stärkt die informellen Räume der Hochschule.

Originaltext Englisch

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Debatte

Markus Schaefer sieht eine zentrale Herausforderung im Städtebau in der Balance zwischen «Stand-» und «Spielbein». Meist würden die harten wissenschaftlichen Fakten vernachlässigt.

Wettbewerb

Mit hohen Erwartungen hat man die Resultate des Wohnungsbau-Wettbewerbs an der Zollstrasse in Zürich erwartet. Wie konnten die Erfahrungen der jüngsten Genossenschaftsbauten einfliessen? Tanja Reimer berichtet.

Recht

Im Spannungsfeld zwischen Bauherrschaft und Totalunternehmer.

Bücher

Im Buch Raum und Macht werden Werk und Wirken von Annemarie und Lucius Burckhardt gewürdigt. 

Ausstellungen

In Berlin stehen sich radikale Bauten und Konzepte aus den 1960er Jahren in Ost und West gegenüber, während man in Winterthur in die experimentellen Tiefen des Raums eintauchen kann.

Die tragende Wand in der Mitte und ein Niveauunterschied von drei Stufen erlaubte es, den Wohn- vom Essbereich räumlich zu differenzieren.

Erstling: Das Kleinod im Heuboden finden

Ferienhaus in Mathon GR von Severin Hausenbaur

Julien Bellot

Das Ferienhaus in Mathon GR ist ein umgebauter Stall. Architekt Severin Hasenbaur hat dem Strickbau ein Glashaus eingeschrieben und macht den Bau so ganzjährig nutzbar.

Eingereiht in die Strassenflucht der Leonhardstrasse, überwindet das ETH-Gebäude LEE den Höhensprung mit einem Sockel, der sich streckt und staucht. Architektur von Fawad Kazi.

Die städtische Grossform

ETH-Gebäude LEE in Zürich von Fawad Kazi

Patrick Arnold, Georg Aerni (Bilder)

Das neue Institutsgebäude von Fawad Kazi polarisiert. Seine schiere Grösse rückt es unübersehbar ins Panorama der Zürcher Stadtkrone – und sein grosses Programm ist städtebaulich vorbildlich gesetzt. Im Detail wiederum geht der Bau nicht weit genug. Eine Verhandlung.

Die Hauptstrasse von Kiew Chreschtschatik, stalinistischer Wiederaufbau aus den 1950er Jahren.

Brief aus Kiew

Wie geht es den Architekten in der Ukraine?

Verena Huber, Oleksandr Burlaka (Bilder)

Verena Huber kommt vom Architekturfestival CANactions in Kiew zurück mit dem Porträt einer wachsenden Stadt, in der die Spuren der Maidanproteste kaum mehr auszumachen sind. Eine neue Generation rüstet sich.

Une grille neutre en béton a permis une forte flexibilité durant le processus de planification en intégrant de nouveaux programmes dans le respect du concept initial: Collège de Belmont-sur-Lausanne de 2b architectes.

werk-material 02.02 / 658

Machine à connecter

Tibor Joanelly, Roger Frei

Collège de Belmont-sur-Lausanne VD von 2b architectes, Lausanne

Das dramatisch inszenierte Foyer schiebt sich zwischen Altbau und Erweiterung. Schulhauserweiterung in Kerzers von Cornelius Morscher.

werk-material 02.02 / 659

Eine neue Mitte

Daniel Kurz, Alexander Gempeler (Bilder)

Orientierungsschule Kerzers FR von Morscher Architekten, Bern

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