Bei der Sichtung von Projekten zur Vorbereitung dieses Hefts stapelten sich Dokumentationen, die vor allem durch eine Gemeinsamkeit aufgefallen sind: ihre Heterogenität. Diese ist unmittelbar bedingt durch die Veränderung eines bestehenden Gebäudes. In einem Umbau kommen Neues, Altes, Funktionierendes und Obsoletes zusammen; stilistisch reines «Baumaterial» und die zahllosen Stufen seiner Degradierung oder Erosion werden nur noch durch die Zeit vereint. So sind einige Entdeckungen auszumachen: Projekte, die spielerisch mit dem Bestehenden umgehen, es mit neuen Dingen und neuem Gebrauch anreichern, zugleich das Neue aber auch im alten Sinn weiterführen. Die meisten der Umbauten in diesem Heft sind aus Nutzungsänderungen hervorgegangen. Und viele Ursprungsbauten waren noch nicht wirklich alt – Youngtimer würde man sie nennen, redeten wir hier von Gebrauchtwagen. Wie beim Auto gleicht der Umbau oftmals einer Bastelei; eine Tätigkeit, die mit viel Zeit und grossem Einfühlungsvermögen vor sich geht. Das Neue, das daraus entsteht, würde als Neubau niemals so geplant.
Ein gebrauchter Bau ist wie ein Occasionswagen: Durchaus eine Chance, vielleicht sogar eine grosse Liebe. Kleine Dinge, in neuem Licht gesehen, bringen interessante Konzepte und Kontexte hervor. Das Bauen im Bestand ist keine Frage von Alt und Neu – sondern eine der Beständigkeit: So gesehen beginnt Architektur dort, wo Veränderung sichtbar wird.
Der Umbau der alten Blechwerkstatt ist die jüngste Schicht im Palimpsest des Winterthurer Sulzerareals. Kilga Popp Architekten operieren dabei mit einer bildhaften Anverwandlung der vor Ort gefundenen Themen. Ein aufgesattelter Dreigeschosser setzt der alten Werkhalle die Krone auf, und ein imposanter Wintergarten als Klimabarriere verschafft dem Bau einen selbstbewussten Auftritt übers Gleisfeld hinaus.
Ein leer stehendes Geschäftshaus in Muttenz BL haben sabarchitekten für studentisches Wohnen umgebaut. Die Zwischennutzung erzwang ein enges Kostenkorsett. Die Architekten machten diese Einschränkung zum Thema; es enstand ein radikal einfacher Umbau im Sinne der Arte povera.
Der neue Sportkomplex mit sechs Turnsälen wurde mitten im Industriegebiet von Sion in eine alte Swisscom-Halle eingebaut. Mit dem Programm füllen die Architekten Berclaz-Torrent und Nunatak die bestehende Struktur bis auf den letzten Zentimeter auf, die Folg sind hohe Funktionalität und räumliche Sprödheit. Warum aber wird man in einem Bau der öffentlichen Hand so schlecht geführt und verläuft sich?
Der Ausflug in die Uckermark ist gleichzeitig das Büroportrait des jungen Berliner Architekten Thomas Kröger. Die hier vorgestellten drei Bauten, darunter ein Neubau, sind allesamt von einer direkten, unprätentiösen Haltung geprägt. Alle drei entwickeln sich kraftvoll aus dem Vorgefundenen und machen die Weiten der Landschaft mit Händen greifbar.
Mit dem Umbau der alten Brauerei in eine elitäre Wirtschaftsschule zeigen Sergison Bates Architects, dass eine rohe Materialisierung den Charme des Bestands befruchten kann. Die entspannte, aber sorgfältig zusammengefügte Assemblage vorgefundener und neuer Elemente stärkt die informellen Räume der Hochschule.
Markus Schaefer sieht eine zentrale Herausforderung im Städtebau in der Balance zwischen «Stand-» und «Spielbein». Meist würden die harten wissenschaftlichen Fakten vernachlässigt.
Mit hohen Erwartungen hat man die Resultate des Wohnungsbau-Wettbewerbs an der Zollstrasse in Zürich erwartet. Wie konnten die Erfahrungen der jüngsten Genossenschaftsbauten einfliessen? Tanja Reimer berichtet.
Im Spannungsfeld zwischen Bauherrschaft und Totalunternehmer.
Im Buch Raum und Macht werden Werk und Wirken von Annemarie und Lucius Burckhardt gewürdigt.
In Berlin stehen sich radikale Bauten und Konzepte aus den 1960er Jahren in Ost und West gegenüber, während man in Winterthur in die experimentellen Tiefen des Raums eintauchen kann.
Das neue Institutsgebäude von Fawad Kazi polarisiert. Seine schiere Grösse rückt es unübersehbar ins Panorama der Zürcher Stadtkrone – und sein grosses Programm ist städtebaulich vorbildlich gesetzt. Im Detail wiederum geht der Bau nicht weit genug. Eine Verhandlung.
Verena Huber kommt vom Architekturfestival CANactions in Kiew zurück mit dem Porträt einer wachsenden Stadt, in der die Spuren der Maidanproteste kaum mehr auszumachen sind. Eine neue Generation rüstet sich.