7/8 – 2019

Berlin im Boom

In der Hauptstadt wird es eng

Nirgends in Berlin offenbart sich die Verwertung des Stadtraums für den Tourismus direkter als in der Umgestaltung seines Stadtzentrums. Mit der Fussball-WM kamen die Riesenposter an die Fassadengerüste, oft ohne überhaupt eine Baustelle zu tarnen – so wenig war 2006 baulich los. Die Billigfliegerei hat der verträumten Exklave Berlin die Billigmieten ausgetrieben. Und mit dem Bauboom kochte der heisse Immobilienmarkt vollends über. Kurzum: Berlin leidet wieder an ganz normalen Problemen einer hippen Metropole. Händeringend werden bezahlbare Wohnungen gesucht, sogar von Verstaatlichung privatisierter Wohnungsbestände ist heute die Rede.

Debatten zur Architekturqualität: seit 2007 im Baukollegium, das Regula Lüscher in Berlin eingeführt hat. 
Bild: Lidia Tirri

«Verstaatlichung ist eine Option»

Senatsbaudirektorin Regula Lüscher im Gespräch

Regula Lüscher besucht von Daniel Kurz und Roland Züger

Die Berliner Senatsbaudirektorin mit Schweizer Wurzeln erklärt, wie die deutsche Hauptstadt das lang ersehnte immense Wachstum bewältigen will und welche Mittel dazu geeignet sind. Sie setzt auf dialogische Verfahren mit Bürgerbeteiligung und, wenn es nicht anders geht, auch auf Massnahmen, die vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wären.

Die abgesetzte und höhere Front zum Besselpark schliesst auch die Flucht der Hedemanstrasse.
Bild: Rory Gardiner

Die Redaktionsmaschine

Neubau für die TAZ von E2A Architekten

Doris Kleilein

Der Neubau der Berliner Tageszeitung TAZ von E2A Architekten macht aus dem einstigen linken Szeneblatt erst ein Medienhaus. Sein Selbstverständnis als Werkstatt fand der Bau im «Kunst-und Kreativquartier südliche Friedrichstadt» in unzähligen Redaktionsworkshops, das Resultat ist eine zeitgemässe und weitgehend nutzungsneutrale Architektur mit Extras.

Direkt gegenüber dem Jüdischen Museum bringen die Neubauten am alten Blumengrossmarkt neues Leben ins Quartier.
Bild: Andrew Alberts

Höchstnutzen statt Höchstgebot

Integratives Bauprojekt am ehemaligen Blumengrossmarkt von ifau und Heide & von Beckerath

Florian Heilmeyer, Andrew Alberts (Bilder)

Am ehemaligen Blumengrossmarkt haben Heide & von Beckerath mit ifau ein «integratives Bauprojekt» entwickelt. Das Grundstück wurde vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg aufgrund eines Konzeptvergabeverfahrens verkauft, bei dem nicht das höchste, sondern das für die Bewohner der Stadt beste Angebot sticht.

Wie selbstverständlich präsentiert sich das fast fertige Schloss in der Stadt. Westfassade mit Kuppel
Bild: Luca Girardini

Schlossspaziergang

Franco Stellas Rekonstruktion des Berliner Schlosses als Humboldt-Forum

Jürgen Tietz, Luca Girardini (Bilder)

Die Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses war und ist umstritten, daran wird sich so bald nichts ändern. Doch ein Rundgang mit Architekt Franco Stella durch das fast fertige «Humboldt-Forum» zeigt, dass mit dem barocken Carré vor allem der Stadtraum gewinnt. In Bezug auf den Nutzen, den der Bau der Stadt noch bringen wird, bleiben Fragen offen.

Schillernde Haut aus Gussglas und Edelstahl. Der südliche Vorplatz am Wasser der Spree wird künftig auch vom Café des Futuriums genutzt. In Sichtweite am
gegenüberliegenden Ufer: Bundeskanzleramt und Schweizer Botschaft.
Bild: Schnepp Renou

Glänzender Zukunftsentwurf

Futurium Berlin von Richter Musikowski

Christian Marquart, Schnepp Renou (Bilder)

Nicht viel mehr als einen Steinwurf vom Kanzleramt entfernt, buhlt am Hamburger Bahnhof ein spektakuläres und doch bescheidenes neues Objekt um Aufmerksamkeit: ein UFO? ein Sternenkreuzer? Das Futurium von Richter Musikowski bietet über seinen programmatischen Namen hinaus auch öffentlich zugängliche Räume und intelligente Konzepte zur Nachhaltigkeit.

Aktuelle Bauten und Projekte
Bild: Roland Züger

Berlin: Aktuelle Bauten und Projekte

Roland Züger

Neben den im Heft vorgestellten Projekten finden sich in Berlin unzählige weitere bauliche Beiträge von hoher Qualität. Unser Bautenführer gibt einen Überblick über das Aktuellste und Beste der letzten sechs Jahre. Die Standorte der Bauten lassen sich via App und Links auch online abrufen.

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Debatte

Minergie-Geschäftsführer Andreas Meyer Primavesi entgegnet in der Debatte um die kontrollierte Lüftung, dass das Label durchaus Spielraum lässt für innovative und technisch weniger aufwändige Lösungen. Und dass es Labels braucht.

Wettbewerb

Im Wettbewerb um den Ersatzneubau der Siedlung Stüdli im Zürcher Blockrandgebiet konzentrieren die Sieger die gemeinschaftlichen und öffentlichen Nutzungen in der Tiefe des Hofs.

Ausstellungen

Im Bauhaus-Jubiläumsjahr blickt das Jüdische Museum in Hohenems auf die «weisse Stadt» Tel Aviv. Wie an kaum einem anderen Ort wurden dort die Ideale der Moderne verwirklicht. Doch das Erbe ist trotz Anstrengungen zu seinem Schutz bedroht, schreibt Roman Hollenstein.

Bücher

Passend zum Berlin-Heft empfiehlt Albert Kirchengast Kurt W. Forsters Biografie von Karl Friedrich Schinkel. Und Britta Hentschel stellt in Perotti/Freys Band 2 über Städtebauerinnen fest, dass es in der Architektur noch immer zu wenig Gender-Gerechtigkeit gibt.

Unscheinbar steht das ehemalige Gewerbehaus mit Tanklager an den Geleisen im Berner Westen. Erst bei genauerem Hinsehen zeigen sich die sorgfältige Gestaltung in den Details und der leicht veränderte Charakter im Ganzen 
Bild: Marco Frauchiger

Die Schönheit des mässig Schönen

Umbau eines Gewerbehauses in Bern von Holzhausen Zweifel Architekten

Martin Klopfenstein, Marco Frauchiger (Bilder)

Am Gleisfeld in Berns Westen haben Holzhausen Zweifel mit minimalem Budget aus fast nichts sehr viel gemacht. Dass man das kaum sieht, wirft interessante Fragen auf zu Erhalt und Architektur.

Aime-La Plagne 2000, «Le Paquebot des Neiges», 1969 – 70, 
Bild: Michel Bezançon

Schnee von gestern

Stations de Ski in den Savoyer Alpen

Swen Sack (Bilder)

Mit der grossen Kelle wurden sie vor fünfzig Jahren angerichtet: Ein Blick auf die Stations de Ski in den Savoyer Alpen lohnt sich ganz besonders im Sommer.

Bildmanipulationen gibt es schon lange: Bauschäden an der Siedlung Törten von Walter Gropius in grafisch übertriebener Darstellung. 
Bild aus: Heimat 23 / 1922, (Archiv Andreas Butter)

Die verschwiegenen Krisen

Neue Perspektiven auf das 100-jährige Bauhaus

Philipp Oswalt

Aufgrund neuer Forschungen korrigiert Philipp Oswalt die sorgsam aufgebauten Clichés vom erfolgreichen Bauhausdirektor Walter Gropius und seinem ideologischen Nachfolger Hannes Meyer.

Die drei um- und neugebauten Verwaltungsgebäude verbinden vielfältige Gassen- und Platzräume. Im Inneren setzt sich die Fassade in den Atrien fort. Sie erhalten so den Charakter gedeckter, öffentlicher Plätze.
Bild: Thomas Telley

werk-material 06.06 / 736

Umzäunter Stadtteil

Benjamin Muschg, Thomas Telley, Adrian Scheidegger (Bilder)

Verwaltungszentrum Guisanplatz in Bern von Aebi & Vincent

Der Gartenhof bietet zusätzlichen Aufenthaltsraum im Freien, während die Messingfassade sich ähnlich wie zum Strassenraum gibt. Im Inneren öffnen sich die Cafeteria und die Lounge ebenerdig zum Hof.
Bild: Kuster Frey Fotografie

werk-material 06.06 / 737

Der neue Städter

Lucia Gratz, Kuster Frey (Bilder)

Hauptsitz Swissgrid in Aarau von Schneider & Schneider

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