Mit grossen, freundlich runden Kulleraugen blickt das ehemalige Silo im Basler Erlenmattquartier seinen Besuchern entgegen. Im Inneren hat Harry Gugger Studio aus der Betonstruktur einzigartige Räume herausgeschält. Die Rauminszenierung sucht ihresgleichen – und ist erst möglich durch die sperrigen Voraussetzungen des Bestands, obwohl dieser sie so nie geboten hatte. Genaues Hinhören auf das, was der Bestand zu sagen hat, ist die Voraussetzung für einen kongenialen Umbau, der aus dem Vorhandenen neuen Mehrwert gewinnt. In den Ruinen des italienischen Forte di Pozzacchio war es die bedeutungsvolle Stille des Orts, die durch die Erschliessung erst zum Klingen kam. Eine überdachte Tribüne, die aus einfachen Sitzstufen im Hof des Basler Vogesen-Schulhauses herauswächst, macht aus dem Sportplatz einen öffentlichen Ort. Genaues Hinhören ist umso wichtiger, wenn ein Architekturdenkmal ersten Ranges wie das Kurtheater Baden durch den Umbau um die Hälfte anwächst. Es grenzt an ein Wunder, dass die Proportionen des Baus trotzdem auf den ersten Blick unverändert erscheinen – weil das Gleichgewicht erhalten blieb.
Im Basler Quartier Erlenmatt Ost, auf dem ehemaligen Umschlagsplatz der Deutschen Bahn, erzählt ein Silo von der alten Betriebsamkeit. Harry Gugger Studio hat es für die Stiftung Habitat zu einem polyfunktionalen «Erinnerungsspeicher» umgebaut: mit Ateliers, Hostel und einem Restaurant. Der Umgang mit Struktur und Öffentlichkeit besticht bis ins kleinste Detail.
In dreizehnjähriger Planungs- und Bauzeit haben Elisabeth und Martin Boesch das Kurtheater in Baden erneuert und wesentlich erweitert. Dabei hat es seine Proportionen in vergrösserter Form wiedergefunden. Der nicht auf den ersten Blick erkennbare Umbau ermöglicht einen zeitgemässen Theaterbetrieb und verbindet das gläserne Parkfoyer in einer Promenade architecturale mit dem stark vergrösserten und neu gefassten Foyer an der Strasse.
Wer kennt es nicht, das Davoser Eisstadion? Die Kathedrale des Eishockey wurde nie wie geplant fertiggestellt, und nach vierzig Jahren war ein Upgrade für Sicherheit, Komfort und Wirtschaftlichkeit fällig. Nun ist die Holzkonstruktion nach den Plänen von Marques Architekten mit einem betonierten Umgang befestigt, der alle Anforderungen erfüllt und das Gebäude endlich in seiner Umgebung verankert – und ihm jene physische Öffentlichkeit gibt, die dem medial aufgeladenen Ort gerecht wird.
Schulhöfe sind öffentliche Plätze. Wie aber eine Schule der Öffentlichkeit begegnet, entscheidet sich auch über ihre Gestaltung. MET Architects haben in Basel auf dem Dach einer unterirdischen Schulsportanlage einen urbanen Raum geschaffen, der mehr ist als ein Sportplatz. Dass es dazu kommen konnte, entschied sich bei einer Schülerbefragung. Die Architekturschaffenden setzten die Wünsche nach mehr Aufenthaltsqualität überraschend und direkt um – dabei kam ihnen die Architektur der 1980er Jahre zu Hilfe.
Leuchtend orange blitzt es oben auf der Kuppe des ausgehöhlten Bergs. Francesco Collotti und Giacomo Pirazzoli haben das Forte di Pozzacchio für Besucher erschlossen. Sie richteten in den Stollen und Kavernen der einstigen österreichischen Gebirgsfestung einen Erinnerungsort ein, der die Leere ebenso zum Thema macht wie die Gegenwart des unsinnigen Krieges. Die Reise des Autors zu der Festungsruine gerät zu einem Essay über die maschinenhafte Organisation der Vernichtung, die körperlich erfahrbare Vergänglichkeit des Lebens und die Einsamkeit. Originaltext Italienisch
Soziologie hat sehr viel mehr zu bieten als spezialisierte Fachexpertise. Soziologinnen können in modernen Planungsverfahren eine zentrale, disziplinübergreifende Rolle übernehmen: die richtigen Fragen zur Sprache bringen und unübersichtliche, ergebnisoffene Prozesse erfolgreich
moderieren.
«Wie ein Roman» liest sich Jürg Düblins Buch über Hans Schmidts Jahre in der Sowjetunion, es erklärt auch das Verhältnis des Pioniers der Moderne zur Politik und Kultur unter Stalin. Nähe zur Person der porträtierten Architektin Lisbeth Sachs schafft auch die neue Monografie von Rahel Hartmann Schweizer, die erstmals das unkonventionelle Gesamtwerk der legendären Architektin vorstellt.
BALTSprojects in Zürich widmet dem ungarisch-schweizerischen Phantasten Elemér Zalotay eine Ausstellung, das Vitra Design-Museum in Weil der Designergruppe Memphis.
Ueli Schäfer, 1943–2021
Im industriellen Niemandsland bei Varese hat Baukuh aus Mailand einen Besucherpavillon für die Brauerei Poretti gebaut, der die schwierigen Umstände der Aufgabe zu einem optimistischen Blick auf die Architektur vereint.