Sei es zur Steigerung des persönlichen Wohlbefindens – das Motto heisst «Waldbaden erdet» – oder als Rettungsanker in Klimadebatten – «Grün gegen die Hitze» – Bäume sind in aller Munde. Im Februar 2021 konnte man handfest erleben, wie wichtig vitales Grün beispielsweise in Städten ist: Die Schäden durch starken Schneefall, der den hitzegestressten Stadtbäumen arg zusetzte, gehen in die Millionen (alleine für die Stadt Zürich). Spätestens als die Bäume ihre Äste so zahlreich liessen, dass sogar Schulkinder zu Hause bleiben mussten, dämmerte es wohl den Letzten: Wir müssen über Bäume reden. In der Geschichte haben Bäume seit jeher einen besonderen Status. Unter ausladenden Linden wurde einst Gericht gehalten oder ausgiebig getanzt. Manch kolossales Exemplar liess die Menschen an kosmische Mächte glauben – so wurden Bäume auch Ziel von Wallfahrten. Ausser Frage steht, dass ein Baum Kraft verströmt. Er symbolisiert die Verbindung von Mensch und Natur, von Himmel und Erde und ist Spiegelbild für das Kommen und Gehen des Lebens; in seiner Krone wird der Lauf der Jahreszeiten sichtbar. Und so schafft ein Baum als lebendiges Wesen selbst in städtischen Gefilden eine Verbindung zur Natur. Zu einem Schloss gehören Park und Allee. Aber wie steht es mit den Bäumen entlang unserer Strassen? Bemerken wir deren Funktion erst, wenn sie fehlen, wenn Leitungskanäle und Tiefgaragen sie von ihren Grundlagen abgeschnitten haben? Sollten wir den Bau nicht wieder mit dem Baum, das Bauliche mit dem Erbaulichen zusammendenken?
Ein grosser Baum macht ein unscheinbares Haus schön – und ein schönes Haus kann gar von einem Baum verzaubert werden. Das hat die Architektin und Professorin im Alltag wiederholt beobachtet. Sie erklärt, über welche Wirkung Bäume verfügen und von welchem Nutzen sie für die Architektur sind. Ein persönliches Plädoyer will den Bäumen mehr Geltung verschaffen.
Das Wort vom Wood Wide Web geistert durch die Kulturwissenschaften. Denn unten im Boden von Wäldern läuft alles auf Koexistenz hinaus: Bäume kommunizieren nicht nur mit ihresgleichen, sondern über die Wurzeln auch mit anderen Arten, mit Pilzen und Mikroorganismen. Wir zeigen, was Bäume unterhalb der Architektur so treiben – und wie das auch in Architekturplänen eigentlich gezeichnet sein müsste.
Seit jeher sorgen Bäume für die reichliche Verfügbarkeit von Baumaterial. Doch was wäre, wenn ihre besten Eigenschaften von Tragen und CO₂- Absorption unmittelbar und ohne Zurichtung durch die Säge genutzt würden? Ferdinand Ludwig, Professor für Grüne Technologien an der TU München, erforscht und baut wachsende Architektur. Seine Vorbilder für Koexistenz sind mittelalterliche Tanzlinden und Jahrhunderte überdauernde Brücken in Indien.
Manchmal waren die Bäume schon vor den Bauten auf dem Grundstück vorhanden. Die Sammlung mit sieben Beispielen zeigt, wie die grünen Wesen der Architektur einen Grund und eine Daseinsberechtigung verleihen. Wir zeigen Bauten, die Bäume umarmen, mit ihnen spielen, ihnen Respekt zollen. Und solche, die unter Bäumen verschwinden oder über Vergänglichkeit und Neubeginn berichten.
In südlichen Grossstädten sind Bäume stete Begleiter im Strassenraum. Sie spenden Schatten und Lebensfreude – doch sie haben auch Ansprüche. Aus der Sicht der Landschaftshistorikerin sind für einen pflanzengerechten Städtebau die technischen Details ebenso wichtig wie kulturelle Fragen. Einen Schlüssel zu beidem liefert das Gebot der Stunde: die Biodiversität.
Krummholz bleibt normalerweise am Boden liegen – bis auf Gegenden, in denen der Schiffbau wichtig war. Traditionell verstärkten Gabelungen und Abfallholz mit durchlaufenden Fasern die Spanten; das Wissen um die Verwendbarkeit des Materials lag bei den Bootsbauern. Zwei aktuelle Forschungsprojekte in Neu- und Altengland zeigen, wie Krummholz dank Algorithmen für Tragwerke genutzt werden kann.
Der Artikel von Guillaume Habert aus Heft 5–2022 rief Widerspruch hervor: Holz ist unersetzlich für die Bewältigung der Klimakrise. Und: Die Tage des offenen Denkmals finden dieses Jahr unter dem Motto «Freizeit» statt.
Redaktor Tibor Joanelly sieht in den Basler Grossbauten von Herzog & de Meuron Zeichen eines fossilen Zeitalters, die es zu überwinden gilt – bei aller Sympathie für eine starke Form, die auch neue Ökologien schaffen könnte.
Das Basler Verfahren für die Schule am Walkeweg startete mit einem vielversprechenden Ansatz: Low Cost – Low Energy (vgl. wbw 11–2021). Gemäss unserer Autorin Barbara Wiskemann werfen die Resultate der zweiten Runde einige Fragen auf.
Das ZAZ Bellerive zeigt Holz als Werkstoff und als Ressource der Architektur – und als wachsende Substanz und in all seinen verästelten Aspekten. Daneben empfehlen wir Ausstellungen über Bäume in Basel und über Forensic Architecture im dänischen Humlebæk.
Mit Bauteile wiederverwenden legt die ZHAW ein Kompendium zum zirkulären Bauen vor. Alois Diethelm fühlt sich beim Lesen wie auf einer «Expedition ins Internet».
Martin Steinmann, 1942–2022
Grigo Pajarola haben einen Teil der Landwirtschaftsschule Plantahof in Landquart aufgestockt und nobler gemacht. Die Eingriffe gingen für ein Planerwahlverfahren sehr weit, profitiert haben Schule und Architektur zugleich.