Entwurfskritik im Bachelor, die Studierenden klappen ihre Laptops auf: Entwurfserklärung mit der Webseite von Pinterest. Was früher Bildung durch Sammlung erforderte, ist heute mit einem Klick getan. Digitale Plattformen füttern den unendlichen Bilderstrom. Ein Bild macht die Architektur kommodifizierbar: Das Image verkauft das Projekt. Das war nicht immer so. Als die Zürcher Analogen in den 1980er Jahren in Wettbewerben und an Ausstellungen ihre Perspektiven präsentierten, lösten sie beim Fach- und Laienpublikum noch Befremden aus. «Zeig her deine Analogie» war Aufforderung und Credo bei Kritiken und im Gespräch unter Kollegen. Die Quintessenz der Analogen Lehre um Fabio Reinhart und Miroslav Šik war, alleine der Aussagekraft des Bildes zu vertrauen und das Handwerk des Entwerfens ganz in deren Dienst zu stellen. So wurde es möglich, Architektur als Benutzeroberfläche für das Auge zu verstehen. In der neuen Welt jedoch liegt uns das bewusste Auswählen und mühevolle Xerographieren von obsessiv gesammeltem Bibliotheksmaterial fern. Durch die universelle Verfügbarkeit gerät die Transformation der Bilder meist ins Hintertreffen. Doch das Verschmelzen der Referenzen zu einem starken Entwurf, sagen Adam Caruso, Elli Mosayebi und Martin Steinmann in diesem Heft, sei die zentrale Herausforderung. Und das Verwenden historischer Referenzen setzt Wissen um den Kontext voraus, in dem diese entstanden und der ihnen ihre Bedeutung verleiht. Erst wenn sie als notwendige Elemente zu einem Teil des neuen Entwurfs geworden, gewissermassen also verdaut sind, stiften Referenzen neuen Sinn als Teil einer zeitgenössischen und realistischen Architektur.
Mit Verwunderung blickt Martin Steinmann auf den Wettlauf mancher Architekten um die ausgefallenste Referenz, der zu einer Art Gelehrtensprache für Eingeweihte geführt hat. Entscheidend für den Sinn des Zitierens ist für ihn, ob die Referenz verdaut sei und aus innerer Notwendigkeit zu einem Bestandteil des Entwurfs werde. Der typologische Zusammenhang bietet solchen Halt ebenso wie das Einflechten in eine stringente Erzählung.
Bei der eigenhändigen Renovation eines Reihenhauses in Hermann Siegrists Winterthurer Siedlung Leimenegg arbeitete sich Benjamin Widmer jahrelang tief in die Substanz und Geschichte dieses Zeugen des Neuen Bauens ein. Als sein Büro Bernath + Widmer danach die Chance erhielt, die Häusergruppe um zwei Blöcke zu erweitern, entstand aus der präzisen Transformation der prägenden Elemente von Siegrists Manifest eine eigenständige Architektur und ein stimmiges Ensemble.
Mehr Humor und Leichtigkeit wünscht sich Adam Caruso in der Architektur. Seinen Umgang mit Referenzen beschreibt er als einen Dialog mit der Welt, mit Bildern, Ideen und realen Situationen. Es ist ein intuitives, aber informiertes Sammeln eigener und zugetragener Bezüge und Vorbilder: «Man muss eine grosse Bibliothek im Kopf abrufen können.» Der vielkritisierte Neubau der Bremer Landesbank ist vielleicht gerade wegen seines Historismus bei den Menschen vor Ort gut angekommen. Er wirkt, als wäre er immer schon dagewesen.
Der Vorposten städtischer Lebensweise erscheint in ländlicher Tracht: Im freiburgischen Orsonnens bauten TEd’A arquitectes aus Mallorca zusammen mit dem Westschweizer Büro Rapin Saiz ein Schulhaus, das offensiv mit ländlich-vernakulären Anleihen spielt. Kritiker Steffen Hägele findet in der festlich verspielten Holzarchitektur aber auch Eigenschaften der Renaissance-Villa, er stösst auf typologische Anleihen an Valerio Olgiati und fühlt sich an Kazuo Shinohara erinnert.
Die Zürcher Architektin postuliert die Arbeit mit einem «imaginären Kontext» als sinnbildende Methode im Entwurf: Im heterogenen Umfeld unserer Städte reichen morphologische oder typologische Analysen des realen Kontexts oft nicht aus, um brauchbare Rückschlüsse für die architektonische Intervention zu gewinnen. Aus der Kraft der Narration soll stattdessen ein zusammenhängender Erzählstrang gebildet werden, der die Differenzen nicht auslöscht. Im Rahmen ihrer Gastdozentur an der ETH liessen EMI Architekten Studierende anhand einer Referenz eine solche Fiktion entwickeln.
Zum zweiten Mal richtet das Architekturinstitut i2a in Lugano im April 2018 seine Biennale i2a aus. Das Programm dreht sich um Planung als Grundlage der Baukultur. Und die Stiftung Sotto Voce sucht junge Architekturschaffende, die ihre Ideen an der Zürcher Ausstellung architektur 18 zeigen möchten.
Zum offenen und neugierigen Kennenlernen der manchmal rauen Welt der Agglomeration lädt Caspar Schärer Architekten und Planer ein: «Reibt euch an der Unverfrorenheit, wie in der Agglo die Differenz zur Schau getragen wird.» Top-down-Rezepte zur «Stadtwerdung» helfen in der Welt der Vorstädte nicht weiter.
Der Wettbewerb um die Nordspitze des Basler Dreispitz-Areals hat eine spektakuläre Hochhaus-Skyline gezeitigt. Martin Josephy analysiert das Verfahren als Areal-Städtebau, in dem der Bezug zur Stadt an zweiter Stelle steht, das maximale Grünflächenversprechen an erster.
Ausnützung kann – mit Bewilligung und Vermerk im Grundbuch – von einem Grundstück auf ein anderes übertragen werden. Dominik Bachmann erklärt, was dabei zu beachten ist.
Christopher Alexanders Pattern Language geniesst seit ihrem Erscheinen vielleicht mehr Einfluss bei Programmierern als bei Architekten. Nun zeigt das Buch Shifting Patterns über den Eishin Campus Tokyo, dass die Patterns durchaus zu lebenswerten Stadträumen anleiten können.
Stanko Kristl geht mit 98 Jahren noch immer in der täglichen Arbeit der Frage nach: Was ist Architektur in Beziehung zum Menschen? Eine Schau in Ljubljana zeigt erstmals einen Überblick über das grosse Werk des Slowenen. Originaltext Englisch
Für das Avantgarde-Theater Sala Beckett in Barcelona haben die Architekten Flores & Prats einen ehemaligen Arbeiterklub im Poblenou umgestaltet. Was aussieht wie kaum berührt und bloss restauriert, ist in Wirklichkeit das Resultat einer Transformation, die sich originaler Ausstattungselemente bedient, um eine neue Raumszenografie zu schaffen.
Originaltext Spanisch
Kreuzfahrt-Touristen überschwemmen Städte wie Lissabon, kurbeln aber auch die lokale Wirtschaft an. João Luis Carrilho da Graça baute mit dem Cruise Terminal in der portugiesischen Hauptstadt ein Paradestück an roher Einfachheit, das aber auch den Einheimischen Zugang zum Ufer des Tejo verheisst.
Originaltext Englisch