Der Gebäudesektor trägt einen grossen Teil zum Ausstoss jener Treibhausgase bei, welche die Erwärmung verursachen. Darauf hat die Branche reagiert, indem sie den Gebäudepark mittels Neubauten und Sanierungen auf ein Minimum an CO₂-Ausstoss trimmt. Aber produziert sie im Zuge dieser Erneuerungsarbeiten nicht so viel CO₂, dass der Rest des im Rahmen der Pariser Klimaziele verfügbaren Emissions-Budgets innert weniger Jahre aufgebraucht wird? Wie unser Autor Sasha Cisar in diesem Heft ausführt, wäre ein Kulturwandel vom Ersatz zum Erhalt der Bausubstanz und vom Einsatz CO₂ verursachender zu CO₂ bindenden Materialien dringend angezeigt. Unter hiesigen Architekturschaffenden gibt es eine hohe Sensibilität für das Thema, aber wenig Antworten mit den Mitteln der Architektur. Vielleicht, weil der Klimawandel immer noch als Problem «der Anderen» wahrgenommen wird? Doch wer heute ein Gebäude plant, tut dies für ein ganz anderes Klima als das heutige. H Arquitectes aus Katalonien zeigen, wie mit den Mitteln der Architektur selbst klimagerechte Bauten entstehen können – ohne aufwändige Technik und dichte Hülle. Gesucht sind in diesem Sinn innovative wie traditionelle Antworten auf die Frage, wie wir unseren Planeten und unsere Häuser bewohnbar halten. Wir haben Architekturschaffende danach befragt und einen Augenschein in Städten genommen, die den Umbau für eine wärmere Zeit in Angriff nehmen.
Die Redaktion bat fünf Architekturschaffende um ein Statement, wie sie in ihrer Arbeit auf den Klimawandel reagieren:
JOM Architekten, Zürich
Raphael Frei (pool Architekten, Zürich)
Franziska Wittmann (ETH Zürich)
Dietmar Eberle (Baumschlager Eberle Architekten, Lustenau, A)
Roger Tudó (H Arquitectes, Sabadell, E)
Das Bewusstsein für die Herausforderung des Klimawandels leitet im besten Fall auch die Entwurfshand. Ein cleverer Einsatz der architektonischen Mittel und die Nutzung passiver Techniken ermöglicht energiesparendes Bauen ohne viel Technik. Daniel Kurz hat das Kulturzentrum Cristalleries Planell von H Arquitectes in Barcelona besucht.
Sind unsere Städte überhaupt vorbereitet auf den Klimawandel? Mit dieser Frage im Gepäck hat sich Redaktor Benjamin Muschg umgehört. Seine Reportage zum aktuellen Stand der Bemühungen in Karlsruhe, Zürich und Sion zeigt Strategien auf, wie sich Städte auf den Klimawandel einstellen. Fazit: «Kaltluftleitbahnen», «Stadtgrün» und «Hitzeinseln» gehören ab sofort in den Aktiv-Wortschatz der Architektinnen und Architekten.
Abseits unserer Komfortzonen hat Sascha Roesler in Chinas urbanem Süden Gebäude und ihre Klimasysteme in den Blick genommen. Dort herrschen im Inneren auch mal Aussentemperaturen. Für kurzfristigen Komfort sorgen warme Kleider, traditionelle Kohlebecken oder elektrische Heizgeräte. China lehrt uns, wie es sich ohne homogenes Innenraumklima leben lässt – und lenkt den Blick auf passive Energiekonzepte.
Landauf landab wird unter dem Bauen für die Energiewende das Energiesparen verstanden oder der Umstieg auf die Erneuerbaren geprobt, wie es heute heisst. Doch Energie gibt es eigentlich genug, meint der Wissenschaftler Sasha Cisar. Viel wichtiger sei es, darüber nachzudenken, wie die Emission von CO₂ beim Bauen verhindert werden kann. Cisars Artikel ist ein Aufruf, nur das Nötigste zu bauen und dabei möglichst CO₂-neutrale Materialien zu verwenden.
Mit der Skipiste auf Kopenhagens neuer Kehrichtverbrennungsanlage von BIG soll der Klimawandel zum Volksspass werden. Was als Zeichen der Nachhaltigkeit versprochen war, ist zum Symbol des Konsums mutiert. Der künstliche Berg hat eine Maus geboren.
Gregory Grämiger, der aktuelle Preisträger des BSA-Forschungsstipendiums, ruft die Architektenschaft zur Einmischung in die Politik auf, um konkret über Baugesetze und ihre Verbesserungsmöglichkeiten nachzudenken.
Den ambitionierten und in breiten Teilen umstrittenen Gestaltungsplänen im Stadtzürcher Hochschulgebiet wurde jüngst ein Riegel vorgeschoben. Dominik Bachmann erläutert die Gründe.
Christoph Wieser hat das jüngste Buch Stoffwechsel von Ákos Moravánszky gelesen und kommt zum Schluss: Das Opus magnum ist ein Fülhorn. Zu der fundierten Kritik gesellt sich ein Buchtipp zur Publikation ausgegrenzt und abgewertet von Inge Beckel.
Der Schweizer Pavillon hat an der 16. Architektur-Biennale in Venedig den Goldenen Löwen gewonnen. Die Schau, kuratiert von Yvonne Farell und Shelley McNamara, unter dem Motto Freespace vermochte die beiden Redaktoren Tibor Joanelly und Roland Züger nicht restlos zu überzeugen.
Die Avasara Academy im indischen Dorf Lavale ist eine private Mädchenschule, die das Büro Case Design entworfen hat. Das Ensemble überzeugt mit seinem interdisziplinären Ansatz, bei dem das Anlegen der Gärten selbst im Curriculum Eingang gefunden hat.
Der Name Elemér Zalotay wird Ihnen im Gedächtnis bleiben. Der Nonkonformist und Tüftler hat in seinem Schweizer Exil ein Haus gebaut, das mittlerweile unter Denkmalschutz steht. Nach seinem Umzug ins Altersheim harrt es nun einer neuen Bestimmung.
Credit Suisse in Lamone TI von Meyer Piattini