Wer Mexikos Hauptstadt nicht kennt, stellt sie sich vielleicht als chaotische, zubetonierte, ausgetrocknete und gefährliche Metropole vor. Das ist nicht falsch – aber nur ein Ausschnitt. Als wir Mitte April in der 22-Millionen-Metropole ankommen, werden wir gleich eines Besseren belehrt: Es regnet, und zwar Sturzbäche. In den vielen Gesprächen, die wir mit Architekten und Architektinnen führen, erfahren wir, dass die Wasserknappheit trotzdem ernstzunehmendes Problem darstellt. Mit viel Experimentierfreude arbeiten junge Büros an Ideen für die Wasserinfrastruktur. Zudem ist Mexiko-Stadt viel grüner, als man erwarten würde – dicht bewaldete, idyllische Parks unterbrechen die weitläufigen Stadtblocks im Schachbrettmuster.
Einer Sache sollte man sich ebenfalls bewusst sein: Architektur ist oft ein Phänomen der oberen Mittelschicht. Das soziale Gefälle, etwa zwischen den östlichen und westlichen Stadtteilen, ist enorm. Deshalb fallen staatliche Bauprogramme wie in Iztapalapa auf fruchtbaren Boden, wenn sie gut auf die Bedürfnisse vor Ort abgestimmt sind.
Einen stimmigen Einstieg in Mexikos Metropole und deren architektonische Historie liefern die Bilder des lokalen Fotografen Onnis Luque. In Einklang mit den Texten des Kunsthistorikers und Architekturjournalisten Suleman Anaya entfalten sich die baulichen Schichten von der Kolonialzeit über das Art Déco bis heute. Mit Luis Barragán, Mario Pani oder Agustín Hernández begegnen Sie dabei einigen der prägendsten Architekturschaffenden Mexikos und deren Bauten.
Statt Flugzeugen landen Zugvögel auf dem Gebiet des Texcoco-Sees. Auf den Ruinen eines gestoppten Flughafenneubaus entwickelt Iñaki Echeverria die Seenlandschaft nordöstlich von Mexiko-Stadt zu einer riesigen Parklandschaft, vierzigmal so gross wie New Yorks Central Park. Neben der Naherholung dient er vor allem der Renaturierung, Biodiversität, Hitzeminderung und Wasserbewirtschaftung. Violeta Burckhardt berichtet von der beeindruckenden Wiederbelebung eines lebenswichtigen Feuchtgebiets im Tal von Mexiko. Originaltext
Die Schweiz ist überall, auch in Mexiko: Aufgewachsen im Engadin, zog es Jachen Schleich nach seinem Architekturstudium 2006 in die mexikanische Metropole. Als Partner in einem Architekturbüro realisierte er dort das erste mehrgeschossige Geschäftshaus aus Holz in Mexiko. Unterdessen versucht er mit seinem Büro Locus vor Ort mehr ökologisches Bewusstsein zu etablieren. Mit Jasmin Kunst und Roland Züger sprach er über Holzbau, Wasserknappheit und die Experimentierfreude in seiner Wahlheimat.
Mit Hochdruck revitalisieren Immobilienentwickler den historischen Gebäudebestand in Mexiko-Stadt. Das Architekturbüro Productora achtet dabei auf soziale und architektonische Verträglichkeit. Im Stadtteil Tacubaya setzten die Architekten einem neukolonialen Patiohaus vier Geschosse auf, samt gemeinschaftlichen Terrassen und Hof. Im Quartier Doctores entstand mit «Laguna» ein Kreativhub in einer ehemaligen Textilfabrik. Beide Projekte stehen sinnbildlich für den schmalen Grat zwischen ungewollter Gentrifizierung und gutgemeintem Fortschritt.
Im dichten, vom Selbstbau bestimmten Stadtteil Iztapalapa fehlte es lange Zeit an Infrastruktur sowie Frei- und Grünräumen. Seit dem Regierungswechsel 2018 ändert sich das. Die Kommune investiert in öffentliche Räume, wie etwa ein kostenloses Museum für Kinder und Jugendliche, Gemeinschaftszentren und Parks. Jasmin Kunst berichtet von den Herausforderungen, die solche Top-down-Planungen bergen, aber auch von der Sicherheit und Lebensqualität, die sie in einem informellen Umfeld initiieren können. Artikel lesen
Die Wohnungsnot wächst und mit ihr endlich auch das Bewusstsein, ihre Gründe zu diskutieren. Die Verdichtung nach innen bleibt alternativlos, doch die Prozesse werden komplexer. Kantonsbaumeister Beat Aeberhardt sieht Basel in einer Vorreiterrolle, da dort alles Wachstum im Bestand geschehen muss.
Der Studienauftrag für das Baufeld F des Zwhatt-Areals – und somit die zweite Bauetappe – ist entschieden. Unter Einbezug einer bestehenden Shedhalle entstehen weitere Wohnungen und Gewerbe. Unsere Autorin Clea Gross berichtet, wie wichtig heute bei grösseren Arealen die Aussenraumgestaltung geworden ist.
Die Redaktion empfiehlt zwei Ausstellungen: gta Ausstellung an der ETH Hönggerberg zeigen eine Schau zu Kunst am Bau in der Stadt Zürich. Das Gelbe Haus in Flims erklärt das Wandern.
Die zweite Ausgabe des SAY Swiss Architecture Yearbook liegt vor. Dreissig ausgewählte Bauten, wichtige Initiativen und sechs Essays werden in den Landessprachen sowie in Englisch präsentiert. Roland Züger stellt die Publikation und die Wanderausstellung vor, die im S AM Basel startet.
Nach dem Studium der Architektur bildeten sich Enrico Demattè und Elena Fontana in Raumplanung und Landschaftsarchitektur fort. Gemeinsam mit der Stadt Lugano erarbeiten sie Masterpläne für das Stadtzentrum und die Seepromenade. In der Tessiner Gemeinde Terre di Pedemonte stellten sie jüngst eine schlichtschöne Mehrzwecksporthalle fertig. Artikel lesen
Schon lang geisterte das Grabser Projekt von Allen Crippa durch die Medien. Nun ist es wirklich fertig; der alte Strickbau erfolgreich verschoben, ein Stampflehmhaus danebengesetzt. Auch der junge Architekt Max Seibold war von dem Vorhaben fasziniert und entschied sich, das Haus Gässli in seinem Erstlingstext für unseren Architekturkritik-Wettbewerb zu thematisieren. Mit Erfolg.