JAS Nr. 12 – Camponovo Baumgartner Architekten, Zürich

Picknick im Park

Im Heft 3–2017 glänzen die drei Pavillons des Wildermettparks, entworfen von Marianne Julia Baumgartner (1984) und Luca Camponovo (1980) um die Wette. Der ausgezeichnete Text von Tiago P. Borges ist im Original auf französisch publiziert, weil er unter den besten sechs Einsendungen unseres Erstling-Schreibwettbewerbs figurierte. Die folgenden Anmerkungen in der Rubrik JAS ergänzen den Essay um die Sicht der Architekten.

— Roland Züger, 29.03.2017

Welche Erfahrungen haben Euch beruflich geprägt?

Baumgartner: Im Nachhinein empfinde ich mein damaliges Wohnumfeld im Merzenacker in Bern als sehr prägend. Erst spät nahm ich bewusst wahr, mit welchen architektonischen Mitteln hier ein Lebensraum geschaffen wurde, der mir Massstäbe gesetzt hat. In meinem Elternhaus wurden Spaziergänge so angelegt, dass man beiläufig einer Baustelle oder einem Gebäude begegnete. Dies habe ich später auf nahen und fernen Reisen fortgeführt. Früh kam ich auch mit der Lehre der hfg Ulm und ihren gesellschaftspolitischen Positionen in Berührung.
Camponovo: Die Ausbildung in Lausanne ermöglichte mir einen differenzierten Zugang zum Wohnungsbau. Die Stadt am Hang mit Blick auf den See war dabei Inspirationsquelle. Berlin zeigte mir eine nicht gekannte Urbanität, in der auch Leerstellen ihren Platz haben. In Zürich schliesslich festigte sich mein Interesse unseren Lebensraum mitzugestalten.

Was ist Euch wichtig im Denken und Entwerfen?

Wir sehen uns als Gestalter, die verschiedenartige Bedürfnisse orchestrieren und dafür spezifische Räume schaffen. Eine frühzeitige gestalterische Beteiligung ermöglicht massgeschneiderte Lösungswege, die einen Mehrwert erzeugen, den man nicht erwarten konnte. Am Anfang unseres Entwurfs stehen das Vorhandene und die Fundstücke des Ortes. Bezüge zu landschaftlichen, stadträumlichen oder sozialräumlichen Strukturen und den historischen Schichten verorten einen Entwurf in seinem spezifischen Kontext. Das Ausloten von Dichte und Grosszügigkeit im Sinne eines nachhaltigen Umgangs mit Raum begleitet stets unseren Entwurfsprozess. Das Ermöglichen von Begegnung und Rückzug, das Erzeugen von Raumstimmungen unter dem Einfluss von Tages- und Jahreszeiten und das Erforschen der sinnlichen Wirkung von Oberflächen sind aktuelle Themen in unserem Schaffen. Schliesslich folgt die bauliche Umsetzung, die durch ein gut koordiniertes Zusammenspiel unterschiedlichster Akteure gelingen kann.

Und wie zeigen sich diese Aspekte konkret in einem von Euch ausgewählten gebauten Projekt?

Die Neugestaltung des Wildermettparks unter der Federführung von extra Landschaftsarchitekten sah drei bauliche Interventionen vor: ein Velounterstand, ein Unterstand für die Entsorgung und ein Pavillon. Die Interventionen sind als Follies konzipiert, mit einer auf ihre Nutzung und ihre unmittelbare Umgebung zugeschnittenen Gestaltung. Sie bilden verschiedene Stationen entlang der Wege durch den Park. Der Velounterstand beruft sich auf den Ausdruck der rückseitigen Gebäudefassade. Vom Containerunterstand ist nur die parkseitige Fassade aus dreidimensional gefaltetem Spiegelblech sichtbar, das eine gebrochene Reflexion des Parks zurückwirft. Der Pavillon schafft auf einer leichten Erhebung einen Ort und ein Ziel für die Flaneure. Metallfacetten fassen einen zentralen Innenraum. Die Verkleidung mit Holz bietet Geborgenheit. Gleichzeitig öffnen sich gezielte Ausblicke in den Park.

Pavillons im Wildermettpark, Bern

Camponovo Baumgartner, Zürich

cb-arch.ch

Wildermettweg 46, 3006 Bern; Bauherrschaft: Stiftung Schweizerisches Lehrerinnenheim; Landschaftsarchitektur: extra Landschaftsarchitekten, Bern; Experte für Vivell-Gartenanlagen: Georges Bürgin; Ingenieur: normal office, Peter Braun, Fribourg; Metallbau: Tschannen Metallbautechnik, Ostermundigen; Chronologie: Nordteil Park 2011–2012, Südteil Park 2012–2014; Fotograf: José Hevia, Barcelona; Fotografin Teambild: Tamara Janes

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