JAS Nr. 54 – PO4 Seiler + den Hartog Architekten, Zürich

Auf Augenhöhe

«Architektur muss sinnvoll sein – aber auch Freude machen»: Alexa den Hartog (1986) und Yves Seiler (1984) leben diesen Vorsatz, indem sie selber anpacken, ihre Familie in die Arbeit miteinbeziehen und gleich auch ein Projekt selber entwickeln. Was dabei rauskommt, ist so offen wie ungewöhnlich.

— Tibor Joanelly, 28.07.2020

Was ist Eure Herkunft?

Begonnen haben wir unsere Zusammenarbeit (und unser Zusammenleben) auf einer Reise von Zürich bis an die Chinesische Grenze und wieder zurück. Die daraus entstandenen Begegnungen, die vier Wochen in der kasachischen Steppe, die improvisierten Autoreparaturen, das Gefühl der kulturellen und landschaftlichen Kontinuität Eurasiens, werden wir nicht schnell vergessen. Kollaborationen, Experimente und Entdeckungen stehen für uns noch immer am Ursprung der Arbeit.

Momentan werken wir in und an unserem neuen Atelier im Kreis 4; hier mauern wir selber Wände, schweissen Möbel und fräsen CNC – und toben uns neben der digitalen Arbeit aus. Mit uns arbeiten Yorgos Lavantsiotis und, generationenübergreifend, Helen den Hartog-Dahm.

Was ist Euch wichtig im Denken und Entwerfen?

Für uns ist Architektur gebautes Abbild des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Dieses Verständnis prägt im kleinmassstäblichen unsere dialogbasierte Entwurfskultur: Wir versuchen, Projekte mit allen Beteiligten auf Augenhöhe zusammen zu entwickeln. Dies erfordert Vertrauen und Empathie. Grossmassstäblich bedeutet es für uns, sich der Verantwortung des Bauens als sozio-ökonomisches Konstrukt bewusst zu sein, d.h. sich auf allen Massstabs- und Zeitebenen mit den weitreichenden Konsequenzen unserer Projekte auseinanderzusetzen. Architektur muss sinnvoll sein – aber auch Freude machen.

Und wie zeigen sich diese Aspekte konkret in einem von Euch ausgewählten gebauten Projekt?

Beim Projekt Prolung in Sils i.D. hatten wir das Glück, nicht nur das Gebäude, sondern auch den gesamten Projektentwicklungsprozess mitzugestalten. Über ein Inserat und Diskussionen im Dorf kamen wir ins Gespräch mit einem Kreis interessierter Personen aus der Region, deren Input die beiden Gebäude massgeblich mitgeformt hat.

Die Parzelle mit steilem Westhang galt lange als nicht erschliess- und bebaubar. Durch die terrassierte Bauweise mit nach Süden ausgerichteten Sheddächern konnten wir schöne, helle Räume schaffen, die wir zu marktüblichen Preisen anbieten konnten. Entstanden ist ein Projekt, das der angestrebten Verdichtung gerecht wird und eine Balance aus Zusammenleben und Privatsphäre ermöglicht. Ein ungewöhnliches Volumen, auf das die Bewohner stolz sind.

Wohnüberbauung Prolung, Sils i.D.

PO4 Seiler + den Hartog Architekten, Zürich

www.po4.ch
instagram.com/po4architekten/
fb.com/po4architekten/

Domleschgerstrasse 10, 7411 Sils im Domleschg;
Bauherrschaft: Baugesellschaft Prolung AG; Architektur: PO4 Seiler + den Hartog Architekten; Bausumme total (BKP 1–9): ca. CHF 4 Mio.; Planung: 2014–2016; Realisierung 1. Gebäude: 2017–2018;  Realisierung 2.Gebäude ab 2020; Fotograf: Aurel Martin + PO4

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