JAS Nr. 62 – Studio Noun, Zürich

Lowtech-Architektur Hightech-gefertigt

Philipp Schaefle (1988) und Hendrik Steinigweg (1982) haben sich bei der Arbeit am Bergrestaurant Chäserrugg kennengelernt. Die konzeptionelle Auseinandersetzung mit Themen des Holzbaus und dem kulturellen Kontext auf dem Land und seinen heute gelebten Traditionen hat es ihnen angetan. Uns auch.

— Tibor Joanelly, 23.02.2021

Was ist Eure Herkunft, was inspiriert Euch?

Wir haben uns 2013 bei Herzog & de Meuron kennengelernt, anlässlich der Arbeit am Projekt für das Bergrestaurant Chäserrugg im Toggenburg. 2019 gründeten wir Studio Noun. Unser Büro sehen wir als ein offenes, dynamisches Gefäss – nicht personifiziert, jedoch mit einer klaren Haltung und gewissen Grundwerten verpflichtet. Diese haben wir in unserem Leitsatz festgehalten: «Sustainable strategies for human-centered architecture.» Uns interessiert der Einsatz von natürlichen Rohstoffen. Die Idee, dass Bauwerke aus Elementen bestehen, die der Natur temporär entnommen sind, fasziniert uns. Wir möchten uns ganzheitlich mit den Kreisläufen des Materials, der Lebensdauer der Bauelemente und dem Energieumsatz im Bauwesen auseinandersetzen. Unsere Projekte sollen hierzu einen konkreten Beitrag leisten. Mit dem Holzhaus im Toggenburg konnten wir den Ansatz «Lowtech-Architektur durch Hightech-Fertigung» vertiefen. Das ist zurzeit unsere Vision für das Bauen der Zukunft.

Wie zeigt sich der Leitsatz im Holzhaus in Unterwasser?

Das Ferienhaus aus den 1970er Jahren bot der wachsenden Familie zu wenig Platz. Die Substanz war baufällig und der Wunsch nach einem gesunden Vollholzhaus klar formuliert. Konsequent wurde der komplette Innenausbau – Türen, Küche, Täfer, Böden und Einbauschränke – in Holz und ohne Klebstoffe umgesetzt. Wir arbeiten gerne mit Kontrasten. Im Widerspruch zur Grundgeometrie und Logik des Holzbaus wird an der exponierten Hausecke eine Freiform in das Volumen «geschnitzt». So entstand ein windgeschützter Ort, ein Resonanzkörper zum Tal, inspiriert vom Alpsegen. Wir entwickeln aus kulturellen Traditionen projektspezifisch gestalterische Themen. Die Bandfenster im Haus orientieren sich an den Wohnbauten im Tal. Das Motiv des «Abwurfdachs» wurde überzeichnet und zieht sich jeweils über die gesamte Fassade. Für das Projekt entwickelten wir auch eine mit der Fräse kreisrund und abgestuft in die Holzelemente eingetiefte «Fassung» für die Leuchten, die an die Jahrringe der verbauten Bäume erinnert.

Chüeboden 1990, Unterwasser (SG)

Studio Noun, Zürich

https://studionoun.ch/

9667 Unterwasser (SG); Bauherrschaft: Privat, Eltern und drei junge Kinder; Architektur Studio Noun; Chronologie: Direktauftrag, 2019 – 2020; Fotos: STUDIO NOUN x Zsigmond Toth

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