Hat der Generalist ausgedient?

Viele waren da: Architektur-Lehrende aus den Schweizer Fachhochschulen und Vertreter der beiden ETHs – die Veranstaltung vom letzten Freitag an der Hochschule Luzern war ein illustres Klassentreffen. Das Thema: eine Auslegeordnung zur Architektenausbildung in der Schweiz, mit abschliessender Perspektiv-Skizze für mögliche Verbesserungen. Als eine informelle Vergewisserung nebst der offiziellen Kanäle (wie etwa dem Architekturrat Schweiz) war die Veranstaltung geplant, es wurde frei drauflos debattiert, spekuliert und infrage gestellt. Man sprach über das Berufsbild der Architekturschaffenden und darüber, wie sich dieses in die Curricula der Architekturschulen einschreibt (vergleiche wbw 9–2012, S. 70 und wbw 1/2–2013, S. 59).

Schnell war man sich einig, dass die aktuelle Situation sehr passabel ist, und entsprechend oft fiel das Wort «Generalist/in». Bei den fünf Tischgesprächen und dem anschliessenden Plenum wurde aber auch schnell klar, dass es davon so viele Definitionen gibt wie Architekturschaffende und -Lehrende selbst. Das seit Vitruv («pluribus disciplinis et variis eruditionibus») vorherrschende Berufsbild zeigt Abnützungserscheinungen. Die breit geteilte Ansicht, dass sich die Architektur öffnen müsse, verdeckte mehr schlecht als recht, dass sich im versammelten Schweizer Lehrkörper zwei Paradigmen gegenüberstanden: Auf der einen Seite wurde der Wunsch laut, die Curricula der Schulen um mindestens die Felder der Ökonomie und der Politik zu erweitern, auf der anderen wurde klar, dass die Architektenausbildung gerade diesen beiden schnell ändernden Realitäten hinterherhinkt, dass die Angebote an den Schulen im Sinne einer robusten Ausbildung also eher nach einer Verknappung verlangen …

Das von Heike Biechteler aus eigener Initiative und mit Bravour organisierte Symposium ist ein Erfolg, auch wenn es keine wirklich tiefen Erkenntnisse hervorgebracht hat – ausser: Dass es recht viel zu verlieren gibt, wenn man sich angesichts eines erfolgreichen Schul-Umbaus fünfzehn Jahre nach «Bologna» auf den Lorbeeren ausruht. In diesem Sinn soll die Veranstaltung wiederholt und fortgesetzt werden, die Schulen sind dazu auch als Gastgeber eingeladen.

— Tibor Joanelly
© Markus Käch/HSLU
Anzeige