Kunstmuseum Basel, dialektisch

Letztes Wochenende wurde der Erweiterungsbau für das Kunstmuseums Basel feierlich eröffnet, ein Ereignis, das auch im Ausland registriert wurde. In der Süddeutschen Zeitung (SZ) äusserte sich Laura Weissmüller sehr kritisch gegenüber der Architektur von Christ & Gantenbein: Schweizer Wertarbeit schlage um in ein Gefühl, von den opulenten Materialien erschlagen zu werden. Dabei käme vor allem die Kunst zu kurz, sie sei wie in einer Grabkammer richtiggehend eingesperrt. Ganz anders der Engländer Oliver Wainwright: Er stellt im Guardian den Bau in einen Kontext zum Gesamtwerk der Architekten und lässt diese auch zu Wort kommen. Das geht so weit, dass er eines ihrer Hauptanliegen schon gar nicht ins Englische übersetzt: «It’s about Dinghaftigkeit.»

Interessant an den beiden Kritiken ist eigentlich nicht der Positionsbezug. Christ & Gantenbeins Werk hat offenbar das Zeug, wie ein Brennglas europäische Befindlichkeiten zu fokussieren: Hier ein deutscher Versuch, den Bau an seiner Haltung zu kritisieren und dort das Bestreben, die Fakten für sich sprechen zu lassen. Deutsches, idealistisches Denken gegen angelsächsische Empirie.

Glücklicherweise ist diese kleine Notiz nicht der Ort, um eine Wahl zwischen dem einen oder dem anderen zu treffen, und es ist auch nicht der Zeitpunkt, um über den Bau zu richten (das machen wir später in unserem Basel-Heft). Vor dem Hintergrund der europäischen Krise zeigt sich hier vor allem eines: Wie vielfältig gedacht dieser Kontinent wird – und: Dass (zumal) die Schweizer Architektur in seiner Mitte ein eigenes Standing hat und diese Vielfalt auf engem Raum täglich lebt.

— Tibor Joanelly
© Kunstmuseum Basel, Peter Schnetz
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