Lieben, entwerfen, forschen

Wettbewerbsabgabe, Koordinationssitzung, Bewerbungsgespräch, Instagram-Eintrag und das nächste Date mit einem potenziellen Bauherrn: für junge Berufseinsteigende sind das alles Gründe, um das Naheliegende nicht zu tun: Sich vertieft mit Architektur auseinanderzusetzen, den Dingen auf den Grund zu gehen …
Architektur zeichnet sich nicht nur durch intelligente oder aufsehenerregende Entwürfe oder das saubere Bauen aus, sondern auch durch den Weg dorthin, durch Recherche – von der «Recherche patiente» sprach einst Le Corbusier und vom «forschenden Entwerfen» spricht heute etwa Astrid Staufer. Architektur braucht Zeit und Musse, und wäre das Büro nur zum Geldverdienen da, dann wäre die Auseinandersetzung mit Architektur vergeudete Zeit.
Entweder man hat zu wenig davon oder dann zu wenig Geld, um eigene Ideen zu verfolgen. Und hier verspricht das BSA-Stipendium einen Ausweg. Es richtet sich an junge Architekturschaffende, die vor kurzem ihr Studium an einer Schweizer Hochschule abgeschlossen haben und ein Interesse an entwurfsbezogener Forschung haben. Die Arbeit ist auf eine Dauer von einem Jahr ausgelegt und soll in eine vom BSA ermöglichte und betreute Publikation münden – und seit kurzen auch in eine Ausstellung. Bisher geforscht wurde über «Stahl im Wohnungsbau», «Hitzearchitektur», «Klumpen – Auseinandersetzung mit einem Gebäudetyp» und die Mailänder Architekten Asnago & Vender. Eingabeschluss ist der 2. Juli 2018.
Die bis jetzt abgeschlossenen Projekte sind alles andere als akademisch. Sie sind nicht die Fortsetzung des Studiums mit Mitteln des BSA, sondern eine echte Bereicherung des Architekturdiskurses. Sie zeigen alle, dass Architektur eine Passion sein kann, die beharrliches Interesse einfordert und dafür auch wie die Wissenschaft mit Erkenntnissen über die Welt belohnt. Und in diesem Zusammenhang ist das Forschungsstipendium des BSA nicht zuletzt ein Aufruf, sich aus dem Hamsterrad des Berufsanfangs auszuklinken und Architektur als Projekt einer längeren Dauer zu verstehen. Mitmachen!

— Tibor Joanelly
© Cristóbal Schmal
Anzeige