Maag-Areal Zürich: Entscheid überdenken!

Die Bauherrschaft entscheidet sich gegen die Meinung der Fachjury: Das ist nicht nur im Wettbewerb zum Textilmuseum St. Gallen der Fall (vgl. unser aktuelles Heft «Besser wohnen», wbw 7/8-2021), sondern auch im Fall der Maag-Hallen in Zürich-West. Dort wählte die Eigentümerin Swiss Prime Site das Tabula-Rasa-Projekt von Sauerbruch Hutton und nicht das von der Fachjury klar favorisierte Umbauprojekt der Pritzker-Preisträger Lacaton & Vassal im Bestand.

Als vielfältiger Kulturstandort mit Musical Hall haben die umgebauten Maag-Produktionshallen am Fuss des Prime Towers in Zürich-West längst die Herzen der Zürcherinnen und Zürcher erobert. Im glatt geschliffenen Neubau-Umfeld dieses Transformationsquartiers sind sie einer der letzten noch nicht vom Ertragsdenken überdeterminierten Orte. Ihr drohendes Verschwinden weckte in den Sozialen Medien lautstarken Protest, und die Petition Maag Hallen zu ihrer Rettung hat schon über 7'000 Unterschriften erhalten. Die Bauherrin SPS hatte die Wettbewerbsresultate monatelang geheim gehalten und flutet jetzt die Medien mit ihrer eigenen Sichtweise. Nur im TEC21 war die engagierte und gut infomierte Fakten-Darstellung von Judit Solt zu lesen.

Unlängst hat die BSA-Ortsgruppe ZAGG ein gut besuchtes Podium durchgeführt, das mehr Licht in die unsauberen Vorgänge gebracht hat. In der Folge hat die BSA-Ortsgruppe einen Offenen Brief veröffentlicht (unterschrieben von Präsident Daniel Bosshard und Martin Tschanz), den wir hier auszugsweise wiedergeben. Die Zürcher Architektenschaft wendet sich klar gegen das relativ austauschbare Projekt von Sauerbruch Hutton und fordert die Realisierung des von Lacaton & Vassal vorgeschlagenen Umbaus der Hallen!

— Daniel Kurz

«An der Veranstaltung des BSA wurde deutlich, dass dem Projekt von Sauerbruch Hutton  seitens der Zivilgesellschaft ein steifer Wind entgegen blasen wird. Auch zeigte sich, dass die Bauherrschaft,  anders als zunächst suggeriert, vermutlich nicht primär aufgrund baurechtlicher Bedenken entschieden hatte. Das Projekt von Lacaton & Vassal  entspricht zwar nicht den geltenden, fast zwanzigjährigen Sonderbauvorschriften. Die damit verbundenen baurechtlichen Probleme liessen sich jedoch, wie Katrin Gügler vom Amt für Städtebau ausführte, überwinden.

Umso mehr bedauert der BSA Zürich den Entscheid der Bauherrschaft und stellt sich hinter die Empfehlung der Fachjury. Das Projekt von Lacaton & Vassal  findet eine exemplarische Antwort auf die Ansprüche unserer Zeit. Es demonstriert, wie sich vorhandene Gebäude weiterentwickeln und verdichten lassen. Damit zeigt es eine Alternative zur gängigen, oft unbefriedigenden und wenig nachhaltigen Praxis der Ersatzneubauten auf. Indem es den gesamten Baubestand inklusive der beiden Untergeschosse in das Projekt integriert, verspricht es massive Einsparungen an grauer Energie, eine gute CO2-Bilanz und einen vernünftigen Umgang mit den Altlasten. Geprägt durch eine unsentimentale Wertschätzung des Vorhandenen, vermag es von der reichen Geschichte des Ortes zu profitieren. Dadurch stärkt es die brüchige Identität des Quartiers, statt diese weiter zu schwächen.

Mit dem Projekt der aktuellen Pritzker-Preisträger Lacaton & Vassal für das Maag-Areal eröffnet sich für Swiss Prime Site  eine einmalige Chance. Es lässt sich damit ein Leuchtturmprojekt für eine nachhaltige Stadt- und Immobilienentwicklung realisieren, das weit über Zürich, ja die Schweiz hinausstrahlt. Dies liegt im Interesse der Öffentlichkeit, aber auch in jenem ihrer Aktionäre.»

Auszug aus BSA ZAGG, Stellungnahmen, 19.7.2021; die ganze Stellungsnahme lesen.

Visualisierung: Lacaton & Vassal
© Lacaton & Vassal
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