Manischer Glamour, gerahmte Landschaft

Pelz, Karton, Beton: Dies sind Materialien, welche die PreisträgerInnen des diesjährigen Prix Meret Oppenheim bekannt machten. Sylvie Fleury verführte mit einer pelzbesetzten Rakete, Thomas Hirschhorn mit Interieurs aus Karton und Luigi Snozzi mit Häusern aus Beton. Den Werken der drei gemein sind aber nicht nur die jeweils typischen Materialien. Allen ihren Arbeiten ist das Prinzip der Inszenierung hinterlegt, mit dem sie grundsätzliche Kritik üben: Glamour dekonstruiert Geschlechterrollen, manische Assemblagen demaskieren die Konsumkultur, und die Rahmung der Landschaft stellt die Zersiedelung heraus.
Der 1932 geborene Luigi Snozzi kann als Inbegriff des «politischen Architekten» gelten; sein seit Jahrzehnten pointiertes und analytisches Denken hat Generationen von Kollegen geprägt, nicht nur im Tessin. Umgesetzt wurde es zu einem bedeutenden Teil im Dorf Monte Carasso nahe Bellinzona, für das er nebst vielen Bauten auch die Bauordnung schuf. Snozzi fand dabei über die Fachkreise hinaus Anerkennung, und noch immer mutet es etwas seltsam an, dass ihm vor 40 Jahren eine Professur an der ETH verwehrt blieb (1985 wurde er dann ordentlicher Professor an der EPFL). Nun wird Snozzi mit dem höchsten Schweizer Kunst- und Architekturpreis ausgezeichnet. Wir gratulieren ihm und den zwei anderen Preisträgern.

— Tibor Joanelly

Preisverleihung Schweizer Grand Prix Kunst / Prix Meret Oppenheim und Schweizer Kunstpreise
11. Juni 2018, 17:30 – 19 Uhr

Bild: Stefania Beretta
© Stefania Beretta
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