Perché è bello!

Kurz vor seinem 103. Geburtstag ist der grosse Altmeister des Wohnens – der Mailänder Architekt Luigi Caccia Dominioni – verstorben. Er hinterlässt ein Werk, dessen Themenspektrum von aussergewöhnlicher Breite und Heterogenität ist. Wohnbauten, Wohnungsumbauten und Möbel machen den Grossteil davon aus. In den Fünfziger- und Sechzigerjahren gehört er zu den viel beachteten und erfolgreichen Architekten der Mailänder Nachkriegsära. Dank der Vermittlung von Gio Ponti wurde seine Besteckserie in die ständige Sammlung des Museum of Modern Art in New York aufgenommen. Seine Entwürfe zeichnen sich durch eine grosse Lust am Bruch mit der Konvention, an räumlichen Inszenierungen und an raffinierten konstruktiven Details aus. Der adlige familiäre Hintergrund verhalf ihm früh in seiner Laufbahn zu Direktaufträgen aus der gesellschaftlichen Elite. Zu seinen Auftraggebern zählten Unternehmergrössen wie Leopoldo Pirelli, Piero Bassetti oder die Bauunternehmerin Anna Bonomi Bolchini. Seine eklektizistische Haltung wurde ihm in den Siebzigerjahren zum Verhängnis. Die ideologisch links geprägte Kritik verurteilte ihn als Repräsentanten der Elite zum Aussenseitertum. Die Wiederentdeckung seines Werks verlief zäh, erst in den letzten fünfzehn Jahren wandte sich die Rezeption zu einer positiven Beurteilung. werk, bauen + wohnen hat im Dezember 2013 dem damals Hundertjährigen ein Themenheft gewidmet, das ich zusammen mit Astrid Staufer kuratieren durfte. Mit Caccias Tod erlischt eine Generation italienischer Architekten, welche die Umwelt «vom Löffel bis zur Stadt» (Ernesto Nathan Rogers) gestalten wollten. Seine rasche Antwort auf viele für ihn unsinnige Fragen nach dem Grund der Gestaltung war stets «perché è bello!».

«Può darsi che per questi miei propositi io sia considerato un architetto romantico, mentre forse ciò significa semplicemente essersi liberato da certe pastoie del razionalismo. Io mi ritengo piuttosto uno sperimentatore, esposto perciò al continuo pericolo di commettere errori anche notevoli, che non esito a riconoscere molto francamente. Ciò non di meno il progettare è per me sempre una gioia, ed io preferisco comunque il rischio di sbagliare a quello di adattarmi ad un'espressione convenzionale.» – Luigi Caccia Dominioni, 1963

[Es mag sein, dass man mich wegen meiner Vorschläge als romantischen Architekt bezeichnet, aber vielleicht bedeutet dies auch nur, sich von gewissen Fesseln des Rationalismus befreit zu haben. Ich halte mich eher für einen Experimentierer, deswegen bin ich laufend der Gefahr ausgesetzt, beachtliche Fehler zu begehen, zu denen ich mich offen bekenne. Dennoch ist das Entwerfen für mich immer eine Freude, und lieber gehe ich das Risiko ein, einen Fehler zu begehen, als mich einem konventionellen Ausdruck anzupassen.]

aus: Eugenio Gentili, «Alcune recenti opere dell'architetto Luigi Caccia Dominioni», in: Abitare, Vol. 13, 1963. S. 2–27. Hier S. 3.

— Elli Mosayebi
© Elli Mosayebi
Anzeige