Rettet die Hall of Nations!

Ein Symbol des Fortschritts fällt dem Fortschritt zum Opfer. Die Rede ist von der Indischen Hall of Nations von 1972, einem Ausstellungsbau auf dem Messegelände der indischen Hauptstadt Neu-Delhi. Sie soll «zeitgemässen» Messebauten Platz machen. Die bemerkenswerte Konstruktion von Ingenieur Mahendra Raj und Architekt Raj Rewal gilt zusammen mit den benachbarten Messebauten der Halls of Industries und dem Nehru Pavillon als Schlüsselbau der indischen Moderne und des nationalen Aufbruchs in die Unabhängigkeit.
Der 92-jährige Bauingenieur Mahendra Raj, dem wir vor knapp sieben Jahren ein Heft gewidmet haben, entwickelte bei der Konzeption des Gebäudes eine unkonventionelle Konstruktionsweise: Das spektakuläre Raumfachwerk ist das in seiner Grösse einzige aus Beton. Ursprünglich in Stahl gedacht, konnte es aus Mangel an dem Rohstoff nur aus Beton gebaut werden – unter dem hierzulande unvorstellbaren Einsatz von menschlicher Arbeitskraft, mit «menschlichen Leitern und Winden». Nachzulesen ist die Geschichte der Entstehung dieses Bauwerks in der kürzlich erschienenen Monografie The Structure. Works of Mahendra Raj.
Der drohende Abriss hat Architekten und Ingenieurinnen weltweit auf den Plan gerufen. So haben Zeitschriften wie die Architecture Review Artikel publiziert, das Centre Pompidou in Paris ruft zum Erhalt auf. Aus der Schweiz wird der Verzicht auf den Abriss gefordert in Schreiben des BSA und des Departements Architektur an der ETH. Und auch eine online-Petition kann unterschrieben werden. Gerade aus Schweizer Sicht ist zu wünschen, dass die Hall of Nations und ihre Nachbarn bestehen bleiben. Denn in Indien wie bei uns sind Ingenieursbauten technische und landschaftliche Zeugen des kulturellen Selbstverständnisses.

— Tibor Joanelly
© Ariel Huber
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