Stadtliebe: das Heft

Der Markt für (auf Papier gedruckte!) Zeitschriften ist quicklebendig. Allein 2014 sind nach Angaben des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger 133 neue Zeitschriften erschienen, insgesamt sind in Deutschland nun rund 1600 Titel im Umlauf, Tendenz weiter steigend. Für jedes Interesse gibt es eine Zeitschrift, bekannt sind die unzähligen Varianten von Landliebe, -lust und -küche. Gegen diese geballte Kraft an ländlicher Verherrlichung stemmt sich nun mit Verve eine neue Publikation, die seit Frühjahr 2015 auf dem Markt ist: me.urban aus dem Hause Springer spricht eine jung-dynamische Stadtbevölkerung an, die wohl hauptsächlich in Berlin lebt (oder sich das wünscht – also das Umgekehrte der «Landliebe», die ja bekanntlich von StädterInnen gekauft wird …). Der Themenmix ist abenteuerlich, aber durchaus interessant: Die Titelgeschichte der aktuellen Ausgabe befasst sich mit dem neuen «Megatrend» Heiraten («Bett statt Berghain»), weiter hinten folgt eine Mode-Bildstrecke in einem Berliner U-Bahnhof, daneben werden aber auch kantige Kapitalismuskritiker wie Niels Boeing interviewt oder über die Integration von Flüchtlingen im urbanen Raum nachgedacht. Ein gewagter Spagat, aber im Grunde ist jede Stadt ein Wagnis für sich. Übrigens: me.urban spart sich den Internetauftritt und setzt ganz auf eine Facebook-Seite.

— Caspar Schärer
© Caspar Schärer
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