Städtebautheorie während der Pandemie

«Sie sind krank!» So beginnt die Anleitung zum Covid-19-Computerspiel Dichtestress, dass Andri Gerber vom Institut Urban Landscape der ZHAW entwickelt hat. Im September, in der trügerischen Ruhe vor der zweiten Welle, kam das Spiel heraus, das leider wieder an Aktualität gewonnen hat und nur als Desktop-Version gespielt werden kann, denn einzig das BAG darf Covid-apps herausgeben.

Während in unterschiedlichen Kantonen die Städte immer noch unterschiedlich bevölkert sind, wird man beim Spielen in den eigenen vier Wänden daran erinnert, Kontakte zu minimieren und niemanden anzustecken, indem man anderen Menschen im öffentlichen Raum ausweicht. Sich selbst nimmt man wahr anhand eines Buches, zugleich Leseempfehlung, das man in der Hand vor sich hinträgt. Das Buch beginnt zu vibrieren, nähert man sich einer Türe, die einen Übertritt ins nächste Level ermöglicht. Sechs verschiedene städtebauliche Utopien und reale Beispiele bilden so in den sechs Levels den Spiel- und Stadtraum. Gegen Ende befindet man sich mit Camus’ Pest in der Hand im Zürcher Niederdorf und wünscht sich die Renaissance-Stadt zurück mit ihren weiten Plätzen und Säulenhallen, oder Ludwig Hilberseimers modernistische Hochhausstadt mit ihrer enormen Dichte und aseptischen Übersichtlichkeit.

Das Spiel zeigt: Rücksichtnahme im öffentlichen Raum, aber auch im privaten Denken, ist in Zeiten der Pandemie mehr denn je angezeigt – und Diskussionen um die Dichte in der Stadt dürfen nicht pandemiebeginnt missbraucht werden. Nicht zuletzt ist das Spiel auch ein Experiment, Architektur- und Städtebautheorie anders zu vermitteln. Überlegungen, Hintergründe und den Link zum Spiel finden sich auf dessen Internetseite.

— Jenny Keller

Gute Beispiele an dichten Quartieren finden sich in unserem Mai-Heft 2020.

© Institut Urban Landscape
Anzeige

Die verschiedenen Level