Wir Hitzeinsulaner

«Was ist nur mit der globalen Erwärmung passiert?» twitterte US-Präsident Donald Trump kürzlich angesichts eines Kälteeinbruchs im Nordosten seines Landes. Gut, dass es Institutionen und Anlässe gibt, die einen an die Fakten erinnern, wenn es frostig wird und weihnachtet. So werden sich diese Woche die Regierungsvertreter an der Welt-Klimakonferenz im polnischen Katowice mit dem Resultat des jüngsten UN-Berichts zum Ausstoss von Treibhausgasen auseinandersetzen, dass die Staatengemeinschaft mit ihren aktuellen Bemühungen bis 2100 auf eine globale Erwärmung um 3,2 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit zusteuert – also sehr weit davon entfernt ist, das Ziel von höchstens 2 Grad zu erreichen.

Gut deshalb auch, dass Behörden und Planende hierzulande Antworten auf die Folgen der längst stattfindenden Erwärmung suchen, wie sie auch im Fokus des Hefts wbw 7/8-2018 «Im Klimawandel» standen. Denn in der Schweiz ist die Erwärmung aufgrund ihrer kontinentalen Lage und wegen der starken Verstädterung – weit über 80 Prozent der Bevölkerung leben in Räumen mit städtischem Charakter – ausserordentlich stark spürbar, wie jüngst im Sommerhalbjahr 2018, dem wärmsten seit Messbeginn. Das Bundesamt für Umwelt und das Bundesamt für Raumentwicklung haben in diesem Zusammenhang soeben ihren Bericht «Hitze in den Städten» vorgestellt.

Die Publikation fasst den derzeitigen Stand der Dinge bezüglich Analyse, Strategien und Massnahmen gegen den Wärmeinseleffekt in unseren Breitengraden übersichtlich zusammen. Und sie soll allen, die in der Gestaltung unserer gebauten Umwelt bereits mit dem Thema konfrontiert sind oder sich endlich damit beschäftigen sollten, als Wegleitung dienen. In grossen Zentren wie Zürich oder Basel, die demnächst detaillierte Gesamtstrategien nach dem Modell des überregionalen Vorbilds Karlsruhe vorstellen werden, wird man daraus wenig Erkenntnisgewinn ziehen. Aber für Gemeinden mit weniger Ressourcen und allen anderen, die sich mit Architektur und Städtebau beschäftigen, kann die Dokumentation zu einer wichtigen Einstiegshilfe werden. Denn wie Cordula Weber vom Projektteam der Publikation sagte: Es ist nicht so wichtig, wie man in das Thema einsteigt, aber sehr wichtig, dass man einsteigt.

— Benjamin Muschg
© Benjamin Muschg
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