Bezahlbaren Wohnraum schaffen

So manches Bauprojekt muss während der Planung und Ausführung Federn lassen, um Kosten zu sparen: meist zulasten der Architektur, jedoch fast nie zugunsten der Mieterinnen und Mieter. Denn für den Mietzins sind am Ende nicht die Baukosten ausschlaggebend, sondern das Potenzial am Markt. Dieses lässt sich kaum ein Bauherr entgehen. Institutionellen Anlegern ist es – im Interesse ihrer Shareholder – sogar praktisch verboten, Wohnungen billiger anzubieten als es die Nachfrage erlaubt.

Fast nur gemeinnützige Wohnbauträger, das heisst Genossenschaften, Stiftungen und Gemeinden bieten Wohnraum strikt zu Selbstkosten an, doch ihnen gehören nur 5 Prozent des Wohnraums in der Schweiz. Viel zu wenig, um einen spürbaren Einfluss auf den Markt auszuüben. Nur in einigen grösseren Städten wie vor allem Zürich oder Genf ist der Anteil des gemeinnützigen Wohnungsbaus deutlich höher.

Davon profitieren dort nicht nur Familien mit Kindern, ältere Personen oder junge Menschen in Ausbildung – Genossenschaften sind in der Regel auch die besseren Bauherren. Denn sie streben preiswerten Wohnraum an, aber sie rechnen dabei auf lange Sicht und investieren in Qualität. Architekturwettbewerbe zum Beispiel sind für gemeinnützige Bauträger seit Langem eine Selbstverständlichkeit. Was dies bedeuten kann, lässt sich nirgends besser zeigen als in Zürich mit seinem beneidenswert hohen Niveau im Wohnungsbau. Vom Grundriss bis zum Städtebau gehören die Zürcher Genossenschaftswohnungen aus architektonischer Sicht zum Besten, was in der Stadt neu gebaut wird. Meist bieten die Neubauten Mehrwert auch für das Quartier. Und sie legen für die private Konkurrenz die Latte höher als anderswo.

Die Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» des Schweizerischen Mieterverbands verlangt deshalb, dass in Zukunft 10 Prozent der Neubauwohnungen in der ganzen Schweiz von gemeinnützigen Wohnbauträgern gebaut werden sollen. Zu diesem Zweck erhalten Kantone und Gemeinden ein Vorkaufsrecht auf alle geeigneten Grundstücke. Die SBB und andere Bundesbetriebe werden verpflichtet, frei werdende Grundstücke zuerst der öffentlichen Hand zum Kauf anzubieten. Damit sollen Areale an guter Lage für den gemeinnützigen Wohnungsbau verfügbar werden – denn der Mangel an bezahlbarem Bauland ist die Hauptursache dafür, dass der Anteil genossenschaftlicher Wohnungen in den letzten Jahren laufend gesunken ist.

Vergleichbare Initiativen waren in den letzten Jahren in vielen Kantonen und Gemeinden fast immer erfolgreich, denn die massiv steigenden Mieten plagen weite Bevölkerungskreise, vor allem in den grösseren Städten.

Die Initiative verspricht eine Milderung der Preisexplosion durch langfristig preiswerten Wohnraum. Nicht Subventionen, die schnell verpuffen, sondern Genossenschaftswohnungen als nachhaltig soziale Investitionen sollen den Markt ins Gleichgewicht bringen! Die Redaktion von werk, bauen + wohnen empfiehlt daher ein überzeugtes JA am 9. Februar.

— Daniel Kurz
© Roland Bernath
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