Artikel aus 4–2025

Gemeinsame Sache

Haus Felsenburg in Biel von Sara Gelibter

Lucia Gratz

Auf einem Kleinanzeigenportal fand das junge Paar ein Haus für sein begrenztes Budget. Nördlich der Bieler Altstadt auf einem schmalen Grundstück gelegen, war es früher Wirtschaftshaus eines Weinbergs, später Produktionsstätte und zuletzt Loft einer Künstlerin. «Wir wollten was mit Geschichte, an dem wir weitermachen können», sagt der Bauherr. Seine Mutter kannte die Architektin Sara Gelibter, und so kamen sie ins Gespräch. Ihr Auftrag formulierte sich erst mit der genaueren Untersuchung des Hauses und der Feststellung, dass der Dachstuhl marode war. Wegen der Notwendigkeit, das Dach zu ersetzten, und der Möglichkeit, nach oben Raum zu gewinnen, ging die Bauherrschaft noch einmal über die Bücher: Sie erhöhte das Budget und schuf mit der Aufstockung Mehrwert. Die etwa 180 Quadratmeter Wohnfläche bieten auch zwei Atelierräume zum Arbeiten. Im Untergeschoss liesse sich ein Raum vermieten, der von der Gasse aus zugänglich ist, und da das Treppenhaus den langen, schmalen Grundriss mittig erschliesst, könnte man das Haus später in zwei Wohnungen unterteilen.

An ein ISOS-A-Gebiet angrenzend, wurde das Bauprojekt von verschiedenen Gremien auf seine gute Einfügung in den Kontext geprüft. Ausserdem steht das Haus mit dem Rücken so dicht an der Bahnlinie nach Tavannes, dass zahlreiche Auflagen der SBB zu erfüllen waren. Als endlich nach zwei Jahren die Baufreigabe vorlag, war es eine kurze, intensive Bauzeit: In sechs Monaten erledigten die Bauherrschaft und ihre Familien den Rückbau, sie schliffen Böden, zogen Wände ein und verlegten das Elektrische. Auch die raumtrennenden Möbel und die Anstriche entstanden in Eigenleistung. Nachhaltig bauen, aber auch Kosten sparen – das waren die Motive für die Wiederverwendung von Bauteilen. Die Wendeltreppe ins Dach konnten sie gratis übernehmen, die vorhandene Küche wurde etwas umgebaut. Am wichtigsten war dabei, die Struktur des Hauses mit all den über die Zeit entstandenen Eigenheiten zu belassen und nutzbar zu machen. Die Eingriffe blieben minimal und mit grossem Wert für das Wohngefühl, wie etwa das lange Fenster im Wohnbereich mit Blick über Biel.

Challenge accepted: Das dachten sich auch die Holzbauer, denn für sie war es das erste Mal, dass sie an einem solch kniffligen Standort in einer schmalen Gasse nah an der Bahnlinie bauten. Statt eines Krans kam ein Helikopter zum Einsatz. Die Holzelemente für den neuen Dachstock mussten auf der anderen Seite der Gleise auf einem Parkdeck gelagert und zum Bauplatz geflogen werden. Sara Gelibter hat das Haus adoptiert, wie sie sagt. Sie steckte viel Herzblut hinein, was für sie heisst: die Talente der Beteiligten erkennen und für den Erfolg des Projekts nutzbar machen.

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