Besa Zajmi (1988), Alexia Sawerschel (1989) und Romana Castiglioni (1989) beziehen eine klare Haltung innerhalb des aktuellen Architekturdiskurses. Ihr Fokus liegt auf einer feinfühligen Architektur mit einem Augenzwinkern, die im Kern dennoch einfach bleibt. Beschränkung ermöglicht Reichtum. Seit 2017 führen sie gemeinsam das Architekturbüro Studio Barrus in Zürich. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht immer der Mensch und sein Lebensraum: Der Mensch eignet sich Architektur an und die gebaute Umwelt bietet eine Bühne für das menschliche Leben.
Seit unserem ersten Studientag an der ETH Zürich verbindet uns eine enge Freundschaft. Nach vielen gemeinsam durchgestanden Semestern und dem Diplom von Peter Märkli in der Tasche ziehen wir nach einiger Jahre Berufserfahrung erstmals Bilanz. Wir halten die Zeit reif für ein Umdenken.
Jung, motiviert und etwas naiv starten wir in die Selbstständigkeit mit unseren ersten Wettbewerbserfolgen. Auf dem Rücken tragen wir alle ein Paket, dass sich aus unserer kulturellen Geschichte, unserer gemeinsamen Lehre sowie unseren persönlichen Erfahrungen zusammensetzt. Drei unterschiedliche Köpfe mit der gleichen Affinität für Baukultur ergänzen sich.
Unser bewährtes Entwurfsmittel ist der Diskurs. Gemeinsam formen wir unsere subjektive Sicht zu einer übergreifenden Idee. Wir entwerfen nicht rein konzeptuell oder intellektuell, sondern lassen uns von unserem Gefühl und der Sinnlichkeit des Vorhandenen leiten. Ziel ist das Herausschälen der Essenz, die im Menschen ein bestimmtes Lebensgefühl auslöst.
Die vertiefte Auseinandersetzung mit dem Bestand ist für uns elementar. Das Verständnis des Orts im Zusammenhang mit seiner Geschichte und der Landschaft bildet die Ausgangslage für jeden Entwurf. Wir denken jede Gestaltungsentscheidung im grossen Zusammenhang. Unser Projektvorschlag sucht bewusst den Dialog mit der Umgebung. Jedes Projektdetail ist mit ihr im Zwiegespräch. Die Architektur entsteht über den Ort, und im Umkehreffekt formt das Gebaute die landschaftliche Morphologie neu.
Weiterbauen verstehen wir als präzise Antwort auf das Bestehende und zugleich als einen Auftakt. Bei der Erweiterung und Sanierung eines fast hundertjährigen Mehrfamilienhauses in Zürich haben wir uns von dessen verborgenem Garten im Norden inspirieren lassen. Hier verbinden sich die neuen Anbauten unter den bestehenden Dachgauben selbstverständlich mit der vorhandenen Gebäudefigur. Durch einen geschickten Abtausch mit dem danebenliegenden Zimmer liegt die Küche nun beim Anbau – dem Garten- zimmer: eine Neuinterpretation des bestehenden Wohnzimmers mit Wohnnische, die als offener Ess- oder zusätzlicher Wohnraum dient.
Die Geometrie der Anbauten ist dynamisch, die Grenzen zwischen Innen und Aussen verwischen. Der introvertierte Bestand öffnet sich, wird durch Einblicke in die neuen Anbauten extrovertierter und gewinnt eine neue Dimension der Wahrnehmung. Man befindet sich zwischen Leichtigkeit und Festigkeit, zwischen Alt und Neu. Ein fliessender Übergang, bei dem man den Altbau verlässt und doch in ihn zurückblickt – ein Schlupfloch in den Garten.
Studio Barrus, Zürich
Standort: Uetlibergstrasse 145, 8045 Zürich
Bauherrschaft: Stiftung PWG
Architektur: Studio Barrus
Chronologie: Wettbewerb 2020, Planungsbeginn 2020, Bezug 2024