JAS Nr. 101 – Surber Knaus

Idee, Aneignung, Atmosphäre

Valentin Surber (1988) und Simon Knaus (1988) suchen bei ihren Projekten: Eine starke Idee, die nicht erklärt werden muss. Architektur, die angeeignet werden kann. Räume mit Atmosphäre.

Was ist Eure Herkunft?

Kennengelernt haben wir uns am ersten Tag des Studiums an der ETH Zürich, wir sassen zufälligerweise am selben Tisch. Wir haben sechs Jahre zusammen studiert und an gemeinsamen Projekten gelernt, Architektur zu entwerfen. Nach mehrjähriger Mitarbeit in Zürcher Büros – Valentin bei EMI Architekt*innen, Simon bei Wirz Architekt:innen und Studio Burkhardt – haben wir 2022 begonnen, gemeinsam an Wettbewerben zu arbeiten. Nach dem ersten Rang beim offenen Wettbewerb für das Schulzentrum in Raron gründeten wir zusammen das Büro Surber Knaus mit Standorten in Zürich und St.Gallen.

Was ist Euch wichtig im Denken und Entwerfen?

Den Dingen auf den Grund zu gehen, ohne ein voreingenommenes, fertiges Bild im Kopf zu haben. Sich gegenseitig eine Idee beschreiben und aufzeichnen, diese zu hinterfragen, zu diskutieren, zu argumentieren.

Wir stellen uns beim Entwerfen regelmässig folgende Fragen: Was ist die Erfindung oder Wiederentdeckung? Welche Atmosphäre hat ein Raum? Was ist der kleinstmögliche Eingriff? Was kann weggelassen werden? Uns interessieren starke Strukturen, die von den Nutzerschaft angeeignet und später auch umgenutzt werden können. Wir mögen es, wenn eine Lösung für eine Entwurfsaufgabe eine direkte Antwort auf eine komplexe Frage ist. Es zählt, ob die Idee im Modell, im Bild, in der Skizze, im Plan und am Schluss als gebautes Werk selbstverständlich überzeugt. Wenn die Idee nicht mehr erklärt werden muss.

Und wie zeigen sich diese Aspekte konkret in einem von Euch ausgewählten gebauten Projekt?

Das Mehrgenerationenprojekt Anders Wohnen ist aus einer früheren Zusammenarbeit von Valentin Surber mit Lukas Krayer von Krayer Buschmann Architekten entstanden und wurde 2023 fertiggestellt. Es ist ein Genossenschaftsprojekt in der Peripherie der Ostschweiz, im Dorf Heiden AR. Die Idee der Initiantinnen und Initianten war es, eine Wohnform zu bauen, die ein eng nachbarschaftliches, verbindliches Zusammenleben von mehreren Generationen ermöglicht. Entstanden ist ein Ensemble aus zwei denkmalgeschützten Appenzellerhäusern und zwei neuen Bauten aus Vollholz, die sich um den gemeinsamen Garten in der Mitte der Häuser gruppieren. Die gemeinschaftlichen Bereiche wie Sauna, Schwimmteich, Gemeinschaftsraum, Gästestudio und Garten wurden in enger Zusammenarbeit mit der Genossenschaft geplant und teilweise auch im Selbstbau erstellt. Dies führt zu einer hohen Identifikation der Bewohnerschaft mit dem Projekt und dem Ort. Der Fokus auf kollektive Bereiche und kompakte Wohnungen mit Flächenbegrenzung pro Person haben zu einer für das Dorf Heiden unüblich dichten Wohnform geführt.

Porträt: Juliette Chrétien

Mehrgenerationenhäuser, Heiden AR

Surber Knaus, Zürich/St. Gallen

www.surberknaus.com

Standort: Bergstrasse 2-4, 9410 Heiden
Bauherrschaft: Genossenschaft Anders Wohnen, Bergstrasse 4, Heiden
Architektur: ARGE Valentin Surber Architektur GmbH, St.Gallen / Krayer Architektur GmbH, Zürich
Chronologie: Machbarkeitsstudie 2019, Planungsbeginn 2020, Bezug 2023

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