Seit letztem Freitag steht eine Frau dem Bund Schweizer Architekten BSA vor: Ludovica Molo wurde an der Generalversammlung in Genf einstimmig zur Präsidentin gewählt.
Molo ist Tessinerin, und als solche bringt sie sowohl eine ganzheitliche Sicht auf das gebaute Territorio mit ein, als auch die Erfahrung, dass Gestaltung zu oft ohne jede Form erfolgt: Die Landschaft ist in ihren Worten ein «klinischer Fall» geworden. Geprägt durch die Praxis als selbständige Architektin (von 1998–2009 als Partnerin von Könz.Molo und seither als Partnerin von studiowe architetti) und Leiterin des Tessiner Architekturforums i2a in Lugano sieht sie die Architektur einer zunehmenden Marginalisierung ausgesetzt. Anlässlich ihrer Inauguration in Genf plädierte sie denn auch dafür, dass der Beruf des Architekten seine soziale Rolle wiederfinden und seine Stärken in den politischen Prozess einbringen müsse: mit analytischem Denken, das nach Form und Kontext auch im grossen Massstab suche. Diese Bringschuld für die Architektur stellte sie am Geburtsort von Jean Jacques Rousseau in den Kontext eines neu auszuhandelnden Gesellschaftsvertrags für Wachstum und Verdichtung – für den auch die Politik in die Pflicht genommen werden müsse.
Die selbstbewussten Worte kommen zur rechten Zeit für einen Verband, der aktuell gut aufgestellt ist. Molo übernimmt das Amt von Paul Knill, der als Präsident des BSA während der letzten Jahre unermüdlich die Fäden im Hintergrund gesponnen hat, sodass dieser heute unter den Schweizer Architektur-Berufsverbänden gut organisiert dasteht und mit klar vernehmbarer Stimme sprechen kann. Angesichts der buchstäblichen Vielfalt an Mitgliedern und Meinungen kann diese Leistung nicht hoch genug geschätzt werden.