Preisgekrönte Bildungsbauten in Peru

Mit dem Untertitel unseres Hefts «Sichtbar machen» (wbw 12–2022) haben wir gefragt: Wie wird die Architektur inklusiver? Eine Antwort darauf gab nun der am Dienstag, 9. Mai erstmals verliehene divia award.

Die in Rom ausgebildete Architektin Marta Maccaglia, Gründerin der Asociación Semillas, wurde für ihr Engagement im peruanischen Bildungsbau mit dem Preis ausgezeichnet und erhielt 20'000 Euro Preisgeld. Die internationale Jury – Sol Camacho, Odile Decq, Rahul Mehrotra und Martha Thorne — wählte fünf Finalistinnen unter 27 Nominierten von allen sechs Kontinenten aus und kürte Maccaglia schliesslich für den Preis. Aus der Begründung der Jury spricht die Bewunderung für Maccaglias mutiges Engagement und ihren humanistischen Ansatz. Jedes ihrer Projekte, ob gross oder klein, reflektiere Kultur und Besonderheiten des Orts. «Bei der Arbeit in unterversorgten Regionen reagieren Maccaglias Gebäude auf die dynamischen Bedürfnisse der Gemeinschaft.»

Marta Maccaglia setzt seit 2011 architektonische Kooperationsprojekte im Bildungsbereich in ihrer Wahlheimat Peru um. Einst reiste sie im Rahmen eines Austauschprogramms in den peruanischen Dschungel und traf auf eine baufällige Kita. Mit einer lokalen NGO beschloss sie, das Gebäude wiederaufzubauen. Mit ihrer gemeinnützigen Organisation arbeitet sie nun daran, den Zugang zu Bildung und öffentlicher Versorgung an weniger privilegierten Orten in Peru zu fördern. Für Maccaglia macht die Architektur dabei den Unterschied, wie sie bei der Preisverleihung erklärt hat: «Architecture is social.»

Nebst der Preisträgerin hat die Jury vier weitere Finalistinnen ausgewählt: May al-Ibrashy (Ägypten), Katherine Clarke & Liza Fior (Vereinigtes Königreich), Noella Nibakuze (Ruanda) und Tosin Oshinowo (Nigeria). Zugegeben, abgesehen von den beiden Londoner Architektinnen, die Mitte der 1990er Jahre unter dem Label muf mit ihren poppigen Entwürfen für Aufsehen gesorgt haben, waren mir die anderen Architektinnen und ihre ebenfalls beeindruckende Werke bisher nicht bekannt. So kann man konstatieren: Der divia award bereichert schon jetzt unsere Wahrnehmung wie auch den Architekturdiskurs und öffnet unseren Blick über den europäischen Tellerrand hinaus. Dafür ist den Gründerinnen des Preises, der umtriebigen Tübinger Architekturförderin Ursula Schwitalla zusammen mit der Berliner Architekturvermittlerin Christiane Fath, zu gratulieren.

— Roland Züger
© Alto Anapati Schule in Peru (2021), Bild: Eleazar Cuadros
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