Ein Zeichen der Zeit und fällige Anerkennung

Sie sind keine klassischen Architekten, auch wenn Barbara Buser ihr Diplom an der ETHZ und Eric Honegger seins an der EPFL absolviert hat. Das Vorhandene bildet die Grundlage ihres Schaffens: Umnutzung und Wiederverwertung stehen an der Tagesordnung – und ein Einfamilienhaus würden sie nie bauen. Mit dem Baubüro (nicht Architektur- oder Planungsbüro) in situ erhalten sie die Stadt, indem sie Quartiere erneuern (zum Beispiel das Gundeldinger Feld in Basel, wo sich auch in situ befindet) und nutzen sie Vorhandenes um. Das seit 20 Jahren, als Nachhaltigkeit noch nicht als der Begriff der Stunde galt, sondern ikonische Autorenarchitektur und hochwertige Schweizer Detailkunst Programm waren. So ist es eine späte Anerkennung – und ein Zeichen der Zeit –, dass der Schweizer Grand Prix Kunst / Prix Meret Oppenheim des Bundesamts für Kultur (BAK) in diesem Jahr an die unprätentiösen Pioniere der nachhaltigen Architektur in der Schweiz geht.

Nach Erfahrungen in der Entwicklungshilfe auf dem afrikanischen Kontinent und dem Balkan kehrten sowohl Barbara Buser als auch Eric Honegger mit einem anderen Blick auf unsere Wegwerfgesellschaft in die Schweiz zurück. Ihre Zusammenarbeit begann mit dem Projekt und dem Baubüro Mitte 1998 in Basel, als sie vor Ort eine ehemalige Bankfiliale zum Arbeitsort und Kaffee umgenutzt haben. Barbara Buser gründete davor bereits die «Bauteilbörse» zur Wiederverwendung gebrauchter Bauteile. Aus dem Baubüro Mitte ist mittlerweile das Baubüro in situ entstanden, dazu gesellen sich der Verein unterdessen, der sich auf Zwischennutzungen spezialisiert hat und der Think-Tank denkstatt. Beteiligt sind verschiedene Partnerinnen und Partner, angestellt rund 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eigeninitiative zeichnet Barbara Buser und Eric Honegger aus, sie planen dabei stets mit einem Anteil Unsicherheit, gehen Risiken ein, schätzen den Zufall und glauben an die Kraft des Vorhandenen.

Der Grand Prix Kunst / Prix Meret Oppenheim wird auf Empfehlung der Eidgenössischen Kunstkommission an Persönlichkeiten aus Kunst, Kunstvermittlung und Architektur verliehen, wobei der Preis in der Sparte Architektur beinahe einem Preis für das Lebenswerk entspricht. (Marcel Meili & Markus Peter Architekten 2019, Luigi Snozzi 2018, Peter Märkli 2017, Martin Steinmann 2016). Pandemiebedingt verzögerte sich die Kommunikation der Preisträger, und auch die Preisverleihung fand nicht wie gewohnt im Juni statt, sondern wird laut BAK im Herbst über die Bühne gehen. Von August bis Oktober werden die Schweizer Kunst- und Designpreise der Schweiz online der Öffentlichkeit präsentiert.

— Die Redaktion
© Mehdi Benkler, BAK
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