The Japanese architect Kazuo Shinohara, who was born in 1925, is regarded as a master of the late 20th century. The influence that he exerted on the work of many great architects extends far beyond the borders of his native country. His work aims for autonomy with each of his buildings. But — and this does not represent a contradiction — it is also deeply influenced by his view of Japanese culture and history. It was this internal tension in Shinohara’s work that made it of particular interest to us. This trained mathematician’s mercurial way of thinking paired with an unquenchable urge to nevertheless systemise it led to buildings that oscillate between the expression of a highly differentiated culture and formula-like myths of modernism. Shinohara’s elementary architecture brought his later works close to the deconstructivism of the 1980s. With an affirmative interest Shinohara constantly sought for the spiritual, the significant and the living. The efforts he made from the mid-1970s onwards to conceptualise the urban chaos of Tokio as a “machine” created with every building an ordered present that transformed the contradictions of the times into a positive force. If architecture is to venture beyond atmosphere, program or social convention then this issue of our magazine can document the direction in which this journey leads. Shinohara’s architecture also embodies a great yearning: that architecture should directly express something about life — about its intensity and its contradictions.
Kazuo Shinohara hat sein eigenes Werk selbst in vier Stile unterteilt. Ausgehend von der japanischen Tradition führte ihn seine Auseinandersetzung mit der Architektur über die Abstraktion hin zum Dekonstruktivismus und schliesslich zu den Bedingungen des Chaos und der Virtualisierung von heute. Als schreibender und bauender Architekt war es sein Antrieb, theoretische Postulate in seinen Bauten und Entwürfen zu überprüfen. Das zeitigte mitunter radikale Raumentwürfe, die noch heute faszinieren.
Der bekannte japanische Lyriker und Schriftsteller Shuntarō Tanikawa ist Bauherr von zwei Häusern Shinoharas: neben einem Wohnhaus in Tokio auch einem Ferienhaus in den Bergen. In diesem erhebt sich über den nackten und schrägen Erdboden ein zeltartiges, ikonisch wirkendes Haus, das Zusammenkünften von Dichtern und Künstlern gedacht war. Der Bauherr erzählt von der Herausforderung seiner Aneignung und dem Stellenwert der Bequemlichkeit in dieser Architektur.
Für die Rezeption des Werks von Shinohara sind Abbildungen von zentraler Bedeutung. Eine Schlüsselrolle bei der Vermittlung kommt dem Philosophen Koji Taki zu. Dieser hat im Verlaufe ihrer Freundschaft nicht nur profunde Analysen, sondern auch faszinierende Fotos erstellt. Sie gehen dem räumlichen Gepräge der Architektur Shinoharas und dem Leben darin auf den Grund.
Im tradtionellen Japan ist die Meister-Schüler-Beziehung von grossem Stellenwert, und Nachahmung ist bis heute die höchste Form der Verehrung. David B. Stewart – ein Freund und Kenner Shinoharas – stellt die Lehrmeister des jungen Shinohara vor, zeigt, wie sein Werk in nachfolgenden Generation heute praktizierender Architekten nachwirkt und analysiert, wie er sich in seinem Werk von Kenzo Tange und dem Metabolismus abgrenzt. Im Zentrum des Geschehens: das Tokyo Institute of Technology.
Im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen der Nachkriegszeit interessierte sich Shinohara für die ungeordnete Schönheit der Stadt. Und so wurde das Ungeplante ab den 1970er Jahren zu einem bestimmenden Paradigma in den Entwürfen des Japaners. Wegweisendes Projekt dafür ist die Centennial Hall des Tokyo Institute of Technology. Der ikonische Bau, der sich wie ein Totem aus dem Gewusel der Stadt erhebt, reproduziert die Stadt wie ein Medium. Von Tokio als Labor lernend, plädieren Niggli und Müller für ein tolerantes Nebeneinander.
Mit unerschütterlicher Akribie ist es dem jungen Zürcher Architekten Christian Dehli gelungen, ein bislang wenig bekanntes Werk von Kazuo Shinohara ausfindig zu machen. Das Prism House war zwar Hauptdarsteller in einem TV-Spot, aber von seinem Standort gab es keine Spur. Dehli forschte im Archiv, interviewte Wegbegleiter Shinoharas und lief durch den Wald von Yamanakako. Eine Reportage von einer beschwerlichen Reise zu einem eigenwilligen Kleinod: Vorsicht Bären!
Dreissig neue Mitglieder sind 2015 in den Bund Schweizer Architekten aufgenommen worden. Wir stellen die Neumitglieder vor.
Der Essay Play it right. Neue Deutschschweizer Realismen von Tibor Joanelly im Heft 6–2015 hat Wellen geschlagen und Leserreaktionen gezeitigt. Diese reichen von Enttäuschung und Ärger bis zu interessierter Zustimmung.
Vier Buchtipps der Redaktion zur schönen Bescherung
Der Architekturhistoriker Seng Kuan wird im Frühjahr zusammen mit Fredi Fischli und Niels Olsen die Architektur von Kazuo Shinohara an der ETH Zürich ausstellen. Ein Gespräch zur geplanten Schau.
Das Co-Housing-Projekt Copper Lane der Architekten Henley Halebrown Rorrison mag nur ein Tropfen auf den heissen Stein der Londoner Wohnungsnot sein. Die kleine Wohnungsbaugenossenschaft besetzt den Innenhof eines Reihenhaus-Blocks und leistet dort einen Beitrag zur Dichtedebatte.
Für die einen sind bloss Geräusche, was auf andere als störender Lärm wirkt. Mit einer Norm ist der Konflikt zwar noch nicht gelöst, aber eine Grenze gezogen. Die Autorin wirft einen interdisziplinären Blick auf die Geschichte der Schweizer Schallschutznorm und weiss: Normen sind Technik-, Wirtschafts- wie Sozialgeschichte.