Susanne Keichel, (Bilder) Hartmut Göhler (Text)
«Die Elbe verlor sich aufwärts und abwärts im Nebelgrau ...» Carl Gustav Carus, 1814
«Gell, da staunt Ihr? Was denn, fragt sich der Tourist, Das soll Dresden sein, Venedigs Schwester, Elbflorenz? Das Provinznest, in Beton ergraut, sowjetisch trist? Arme Stadt, ich weiß, läufst heute außer Konkurrenz Unter all den Schönen, die der Krieg verschonte. Woher rührt sie, wütend, meine Liebe? Alles lacht, Wenn sie sächselnd von ihr schwärmen, die Bewohner. Jeder hier ein kleiner Kurfürst, um den Thron gebracht. Was ihm blieb ... Viel Spielraum für die rege Phantasie. Genius loci, ihn, der alles restauriert, errätst Du nie.»1
Dresden seien mindestes zwei Städte, so formulierte es einmal der Dresdner Schriftsteller Marcel Beyer: Im architektonischen Spannungsfeld zwischen sandsteinernem Barock und sozialistischem Waschbeton-Realismus, zwischen «Elbflorenz» und «Las Vegas an der Elbe», zwischen verklärender Rekonstruktion und neoliberalem Investorenbau führt uns – in Anlehnung an das Gemälde Die Kahnfahrt auf der Elbe bei Dresden des Romantikers Carl Gustav Carus aus dem Jahre 1827 – eine imaginäre Schifffahrt elbaufwärts, von den Ausläufern der flachen Lössnitz-Hänge im Westen zum steilen Elbsandsteingebirge im Osten. Anhand einer Reihe zeitgenössischer fotografischer Veduten zeigt sich die Einzigartigkeit der Verschmelzung von Landschafts- und Kulturraum, von Fluss und Stadt. Die verschiedenen kulturellen und architektonischen Zeitschichten spiegeln sich in den Bauten entlang des Flusses – lose aneinandergekettete Zeitzeugen, durch das Band der Elbe mit ihren prärieartigen Wiesen verbunden und weite Räume aufspannend.
Susanne Keichel (1981) lebt in Dresden und arbeitet als künstlerische Mitarbeiterin an der HGB Leipzig. 2024 gewann sie den BMW Photo Award der MdbK Leipzig.
Hartmut Göhler (1971) ist Architekt und Dozent an der ZHAW in Winterthur. Er war Oberassistent an der ETH Zürich und Gründungspartner von BGM Architekten in Basel.
Beide sind in Dresden geboren.
1Textauszüge aus: Durs Grünbein, Porzellan. Poem vom Untergang meiner Stadt. © Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2005. Alle Rechte bei und vorbehalten durch Suhrkamp Verlag AG, Berlin.
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