Renée Gailhoustet bleibt aktuell

Sie war die Grande Dame des französischen Wohnungsbaus. Mit dem räumlich vielschichtigen Wohnkomplex Le Liégat konnte sich Renée Gailhoustet in den 1970er Jahren einen Namen machen. Auch selber lebte sie dort. Am 4. Januar ist Renée Gailhoustet (1929-2023) nun gestorben.

Individuell geschnittene und gestapelte Wohnungen mit Gärten davor, nicht selten ausladende Terrassen, erschlossen durch Gassen mit Ateliers und Läden. Für ein solches Wohnideal stand Renée Gailhoustet ein, das sie notabene im sozialen Wohnungsbau realisiert hat. Heute scheinen solche Forderungen fast utopisch, im kommunistisch regierten Pariser Stadtteil Yvry-sur-Seine konnten sie umgesetzt werden. Die Gründe dafür haben wir im monografischen Heft zu Gailhoustet vor gut zwei Jahren skizziert: Zentral war dabei die Politikerin Raymonde Laluque. Als damalige Direktorin des stadteigenen Wohnungsbauunternehmens in Ivry erteilte sie Gailhoustet den Auftrag für die Stadterneuerung, wie Vanessa Grossmann im Interview mit Laluque für unser Heft herausgefunden hat. Gailhoustet hat in Ivry mit ihrem Lebens-, aber nicht Büropartner, Jean Renaudie am Masterplan gezeichnet. Daraus sind Wohnbauten mit spektakulären sternenförmigen Grundrissen entstanden, die Renaudie im Süden von Paris erstmals realisieren konnte. Für unser Heft hat Bénédicte Chaljub die weiteren biografischen Stationen in Gailhoustets Leben nachgezeichnet. Der Fotograf Giaime Meloni hat die städtebaulichen und architektonischen Ideen ins Bild gerückt. Seine eindrücklichen Fotos zeigen: Viele Ideen sind hochaktuell, nicht zuletzt Gailhoustets Ansatz den Wohnraum zusammen mit dem Grünraum zu denken. Das Heft wbw 12-2020 ist im Webshop erhältlich.

— Roland Züger
© Giaime Meloni
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