YAS No. 69 – Batiments, St. Gallen

Kühnes Turmhaus

Eva Lanter (1987) und Patrick Britt (1989) gründeten ihr Büro Batiments in Zürich nach ihrem Studium an der ETH beziehungsweise der EPFL. Mittlerweile sind sie beruflich und privat zurück in ihrer Heimatstadt St. Gallen, wo sie mit einem Wohnturm mit kleinem Fussabdruck still aber entschieden ein Zeichen gegen eine gesichtslose Arealüberbauung setzten. Das Gebäude am Hang kragt kühn über seinen Sockel aus und zeugt an vielen Stellen vom Engagement des Architektenduos.

— Jenny Keller, 01.12.2021

Was ist eure Herkunft und wie prägt euch dies im Denken und Entwerfen?

Parallel zum Architekturstudium hat Eva surrealistisch angehauchte Illustrationen für verschiedene Zeitschriften entwickelt, die wir zusammen aus realen Gegenständen gebaut und fotografisch umgesetzt haben. Dabei ging es immer um die Frage, was etwas auch noch sein könnte. Ein Begriff oder ein Gegenstand können je nach Betrachtung oder Kontext immer mehreres darstellen.

Diese Methodik prägt nun auch unsere Zusammenarbeit in der Architektur. Wir versuchen damit, die Mehrschichtigkeit und Mehrdeutigkeit des Lebens sichtbar zu machen und die gewohnten Konventionen zu hinterfragen. Architektur entsteht erst dort, wo wir etwas mehr als das Gewünschte oder Bestellte in ein Projekt einbringen können.

Und wie zeigen sich diese Aspekte konkret in einem von euch ausgewählten gebauten Projekt?

Die grossflächige Arealüberbauung in unmittelbarer Nachbarschaft vom Projekt New Nail House führt zu einem weitgehend homogenisierten Quartier. Das städtebauliche Konzept dieser Überbauung tangiert auch die Liegenschaften an der Haldenstrasse 21 und 23 und würde die Bestandsbauten ersetzen. Wir plädierten für den Erhalt von zwei der drei Gebäude und verstehen den Neubau des Turmhauses als Ergänzung im Ensemble. Die einzelnen Häuser formieren sich um einen kleinen Innenhof und werden gemeinsam zum neuen Nagelhaus, das sich gegen die monotone Entwicklung des Quartiers stellt.

Der räumlichen Enge der städtischen Situation und der kompakten Zimmer der Wohnungen steht ein möglichst grosszügiger und offener Wohnraum gegenüber. Dieser wird optisch noch vergrössert, indem der graue Gussboden in die Vorbereiche der Zimmer und ins öffentliche Treppenhaus weitergeführt wird. Ein fixer Spiegel, ein eingelassener Fussabtreter und die Klingel, welche sich beim Treppenpodest und nicht neben der Wohnungstür befinden, erweitern die Wohnung in den öffentlichen Bereich des Hauses und schaffen so einen Moment der Ambivalenz.

Batiments, St. Gallen
https://batiments.ch

Standort: Haldenstrasse 21, 23, 9000 St. Gallen; Bauherrschaft: Privat; Chronologie: Planungsbeginn: 2018, Bezug: 2020, Fotos; Batiments

Advertisement