JAS Nº 18 – Gunz & Künzle Architekten, Zürich

Wohnen in Waben

Im Heft «Wohnen in Stahl» (9–2017) präsentieren wir in unserer Rubrik «Erstling» ein Doppelhaus in Zürich-Höngg. Piotr Brzoza aus Basel hat es mit seinen Zürcher Kollegen Matthias Gunz und Michael Künzle realisiert. Im Juni kamen in dieser Rubrik XM Architekten zu Wort, so nennt Brzoza sein Büro heute. Nun folgt die Vorstellung der zweiten Hälfte der Autoren des eigensinnigen Hauses am Hang in Höngg: Mathias Gunz antwortet auf unsere Fragen.

— Roland Züger, 22.09.2017

Wie hat sich euer Werdegang als Architekten gestaltet?

Wir sind beide in St. Gallen aufgewachsen und haben gleichzeitig an der ETH Zürich studiert, allerdings auf unterschiedlichen Pfaden. Während Michael Künzle bei Hans Kollhoff Gipskörper modelliert hat, habe ich mich im Studio Basel mit Fragen der Urbanisierung beschäftigt. Die gemeinsamen «architektonischen Eltern» fehlen also. Wahrscheinlich ist auch deshalb der Ausgangspunkt unserer Zusammenarbeit das Gespräch über Architektur und nicht spezifische Glaubenssätze, Bildwelten oder Referenzen.

Was ist Euch wichtig im Denken und Entwerfen?

Wir sehen den Entwurf zunächst als geistiges Konstrukt aus Fragen, Themen und Entscheidungen. Dieses will geordnet und in eine architektonische Form überführt werden. Das ist ein Prozess, der nie linear verläuft und – in unserem Fall – nicht von klaren Leitplanken begleitet ist. Ankerpunkte müssen wir uns in jedem Projekt neu ertasten. Was wir dabei suchen, vermutlich ohne es je ganz zu finden, ist eine Architektur unserer Zeit. Dabei soll sie der Würde des menschlichen Lebens und seiner Komplexität gerecht werden. Dafür muss sie unseres Erachtens selbst vielschichtig und komplex sein – und am Ende trotzdem intuitiv für jedermann verständlich.

Und wie zeigen sich diese Aspekte konkret im realisierten Haus in Höngg?

Wir sind über unseren Freund und Projektpartner Piotr Brzoza zum Auftrag für das Haus in Zürich-Höngg gekommen. Vielleicht bezeichnend für unsere Zeit, in welcher der Architekt sein Metier ständig verteidigen muss, kam die Bauherrschaft erst zu uns, als sie festgestellt hat, dass sich mit einem rechtwinkligen Fertighaus auf der polygonalen Parzelle keine befriedigende Ausnutzung erzielen lässt.
Es handelt sich um ein Doppeleinfamilienhaus. Unter anderem weil die beiden Haushälften ungleich sind, auch grössenmässig, wollten wir eine klare Zweiteilung des Hauses vermeiden – sowohl in der Wahrnehmung der inneren, als auch der äusseren Erscheinung. So sind wir auf die Wabenstruktur gekommen, die keine Symmetrien aufbaut, sondern ein Ineinandergreifen der beiden Haushälften zulässt. Die Grunddisposition ist einfach: Die Räume scharen sich um zwei zentrale «Erschliessungswaben», deren Böden über vier Geschosse ausgestanzt sind. In diese Leerräume haben wir spiralförmige Holztreppen gesteckt. Ihnen entlang entwickeln sich die Waben in die Höhe. Jedes Zimmer hat aufgrund seiner Geometrie, Ausrichtung und Lage innerhalb dieser Struktur einen eigenen Charakter. So haben wir versucht, mit einfachsten Mittel auf beschränktem Raum einen Reichtum zu erzeugen.

Doppelhaus in Zürich-Höngg

Gunz & Künzle Architekten, Zürich

www.gunzkuenzle.ch

Doppelhaus in Zürich-Höngg

Heizenholz 9–11, 8049 Zürich, Direktauftrag; Architektur: Piotr Brzoza Architekt, Basel mit Gunz & Künzle Architekten, Zürich; Chronologie: Planungsbeginn 2011, Baufreigabe 2013, Bezug 2015; Fotos: Christoffer Joergensen

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