JAS Nº 14 – Rahbaran Hürzeler Architekten, Basel

Stille und Klang am Dorfrand

Das Rahmenwerk der Holzkonstruktion gibt dem ländlichen Haus einer Musikerfamilie seinen Rhythmus vor, bindet offene und geschlossene Teile zu einem Ganzen zusammen. Shadi Rahbaran und Ursula Hürzeler entwickeln ihre Architekturen aus der Idee des Gebrauchs, dem sie eine konzise Form zu geben verstehen. Im Schulhaus in Engelberg ebenso wie in diesem Wohnhaus im Elsass.

— Daniel Kurz, 22.05.2017

Was ist Eure Herkunft?

Unsere Wurzeln liegen in so unterschiedlichen Orten wie der Grossstadt Teheran und der pragmatischen Arbeiterstadt Winterthur. Entscheidend architektonisch geprägt wurden wir sowohl durch die konzeptuell-urbanistische Haltung von OMA als auch durch die räumlich-programmatische Innovationskraft von Herzog de Meuron. Mit anderen Worten; unsere Hintergründe sind äusserst heterogen und vielfältig, oft auch widersprüchlich. Diese Gegensätze sind in unserer täglichen Arbeit eine Inspirationsquelle und bieten zugleich Reibungsflächen, und sie führen zu einer intensiven Kultur der Diskussion in unserem Studio.

Was ist Euch wichtig im Denken und Entwerfen?

Wir suchen nach vorhandenen Qualitäten und glauben an das Potenzial der Differenz, Widersprüchlichkeit und Vielfalt. Im entwerferischen Prozess behelfen wir uns oft mit der Idee der Raumsequenz. Dies in Analogie zu einer filmischen Abfolge welche die Faktoren Zeit und Bewegung beinhaltet. Wir betrachten Raum als eine Überlagerung von inneren Beziehungen, als ein komplexes dreidimensionales Gebilde aus Licht, Form, Material und Bewegung. Diese Überlagerung und Gleichzeitigkeit prägt die schwer fassbare Natur des Raumes. Es ist uns ein Anliegen, die vielfältige innere Welt mit der sie umgebenden Aussenwelt zu verbinden. Der spezifische Charakter des Ortes wirkt als Impuls für unsere baulichen Interventionen. Dabei beschränken wir uns nicht auf den unmittelbaren gebauten Kontext, sondern beziehen auch prägende Elemente wie die Landschaft und den Weg zum Ort in unsere Überlegungen mit ein.

Wie zeigen sich diese Aspekte konkret im Projekt «Ein Haus für zwei Musiker»?

Das Wohnhaus befindet sich am Dorfrand von Wentzwiller – einer kleinen Ortschaft im Elsass unweit von Basel – und blickt auf offene Felder und die nahen Hügelketten. Aufgrund dieses ländlichen Kontexts und inspiriert von den benachbarten Nutzbauten haben wir eine Konstruktionsweise in Holz gewählt und bei der Planung und Detailierung stets eine möglichst direkte Sprache und Umsetzung verfolgt. Ein grosses gefaltetes Dach erstreckt sich über alle Wohnbereiche und vereint die L-förmig angeordneten Räume zu einem Ganzen. Die Nord-Ost Fassade ist überwiegend geschlossen zum Dorf und im Gegenzug öffnet sich die Süd-West Fassade zur Landschaft; hier verwischen sich die Grenzen zwischen Innen und Aussen. Durch die genickte Gebäudeform wird der Garten gefasst und es entstehen diagonale Sichtbezüge zwischen den unterschiedlichen Räumen und Ebenen.
Als Antwort auf die spezifischen Bedürfnisse der Bewohner – zwei Musiker mit ihren Kindern – sind die Wohnräume im Erdgeschoss als eine Abfolge von fliessenden und lose zusammenhängenden Räumen entworfen. Diese Anordnung erlaubt verschieden Nutzungen wie zum Beispiel Hauskonzerte durch die Öffnung und Verbindung der Räume untereinander wie auch zum Garten, und sie ermöglicht auch Aktivitäten wie das konzentrierte Üben durch eine Abtrennung der Räume. Die privaten Bereiche im Obergeschoss sind geprägt von einer Intimität, diese wird durch die sichtbare geneigte Dachstruktur aus Douglasie erzeugt. Die überhohen Räume der Treppe und des Essraums verbinden die zwei Ebenen und ermöglichen den Bezug innerhalb des Hauses und zur Landschaft.

Haus für zwei Musiker

Rahbaran Hürzeler Architekten, Basel

www.rharchitekten.ch

Rue de Sources 5, 68220 Wentzwiller (F); Direktauftrag; Bauherrschaft: Privat; Architektur: Rahbaran Hürzeler Architekten; Shadi Rahbaran, Ursula Hürzeler; Chronologie: Juni 2014 – Januar 2017; Fotos: Julien Lanoo

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