JAS Nº 8 – studio inches architettura, Locarno

In der Kontinuität arbeiten

Im Tessin nichts Neues? Die Arbeiten des jungen Büros von Matteo Inches (1984) lassen aufhorchen. Der Abkömmling der Accademia di architettura di Mendrisio gehört zu einer neuen Generation Tessiner Architekten, die sich gerne auf ihre Meister bezieht, über diese und den typischen regionalen Bezug aber auch hinausschaut.

— Tibor Joanelly, 29.09.2016

Woher stammt Deine architektonische Haltung?

Ich bin ein Tessiner Architekt mit italienischen und bergellischen Wurzeln. An der Accademia di Mendrisio habe ich im Jahr 2009 mein Studium abgeschlossen; dort stand ich auch unter dem besonderen Einfluss von Lehreren wie Quintus Miller und Paola Maranta. Danach bin ich im Büro von Francesco Buzzi in Locarno «gross geworden», wo ich mich an lokalen und internationalen Architekturtendenzen nähren könnte, etwa am Werk von Livio Vacchini und an den Gebäuden von Kazuo Shinohara. Mein Büro inches architettura habe ich mit Beginn der Tätigkeit als Assistent im Atelier Briccola an der Accademia 2011 gegründet. Seit 2014 unterstützt mich meine Partnerin Nastasja Geleta, sie ist Innenarchitektin, im deutschen Sprachraum geboren und in Australien gross geworden. Sie wurde an der SUPSI ausgebildet.

Was ist Dir bei der Arbeit wichtig?

Der Kontext, in dem wir wirken, beeinflusst unseren Entwurfsansatz massgeblich. Um korrekte Entwurfshypothesen zu formulieren, halten wir die Auseinandersetzung mit dem gebauten Gewebe und mit den morphologischen Eigenschaften der Landschaft für wesentlich. Die grundlegende Idee unserer Arbeit liegt darin, zu interpretieren, wie ein Raum in einem besonderen Kontext erscheint – und darin, sein körperliches Profil und die sozialen Interaktionen zu erleben, um mit ihnen zu experimentieren.
Durch das Ankern an architektonischen Modellen aus der Vergangenheit, die als typologische Referenzen für formale und kompositorische Vorschläge dienen, suchen wir nach einem Leitfaden zwischen Kontext und Eingriff.
Beim Entwerfen stützen wir uns auf die Recherche einer Typologie, auf die Analyse und den Vergleich mit dem Bestehenden, um Material und Farbe abzustimmen. Der kreative Prozess geht dabei eins mit der gewählten Referenz, die Rückschlüsse zu bestehenden Konfigurationen erlaubt und atmosphärische Visionen zeigt.
Wir verarbeiten Bilder und Modelle, die Szenarien und Raumerlebnisse des werdenden Projektes darstellen. Das ist ein herkömmlicher, fundierter, und gleichwohl wirksamer Weg, der mit dem je Eigenen einer Projektkonzeption experimentieren und diese überprüfen kann.

Welche Gedanken sind zentral für Deinen Entwurf?

Was die Hülle und die äusseren Räumlichkeiten des hier vorgestellten Projekts betrifft, kann man darin die zeitgenössische Überarbeitung von charakteristischen architektonischen Elementen eines Kontextes lesen. In den Innenräumen versuchen wir Atmosphären wiederherzustellen, die ein emotionales und sensorisches Erlebnis – nicht nur die konkrete Nutzung – wiedergeben können.

Übersetzung: Andreas Kalpachi und Linda Stagni

Ausstellungsraum, Minusio

studio inches architettura

www.inches.ch
 
Via Mondacce 207, 6648 Minusio; Bauherrschaft: Privat; Architekt und Bauleitung: studio inches architettura, Locarno; Chronologie: Planung und Ausführung 2012 – 16; Fotos: Simone Bossi

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