YAS No. 80 – Wallimann Reichen

Fliessende Modellierung

Die Nennung ihrer zweiten Namen ist vielleicht Programm: Christoph Estrada Reichen (1984) und Nicole Maria Wallimann (1990) stehen für multiple Herkünfte und Erfahrungen – zwischen Mexico City, Basel und Luzern. Das Bauen hat sie ebenso zusammengebracht wie die Freude am Diskutieren.

Was ist eure Herkunft?

Nach dem Studium an der ETH in Zürich sind wir beide relativ schnell im Alltag des Bauens angekommen, Christoph infolge eines gewonnenen Wettbewerbes und Nicole als Projekt- und Bauleiterin im Angestelltenverhältnis. Indem wir zufälligerweise zeitgleich unser jeweils erstes Ausführungsprojekt betreuten, konnten wir Erfahrungen teilen und uns gegenseitig unterstützen. Unsere gegenwärtige Zusammenarbeit gründet direkt auf diesem intensiven Austausch. Die dabei gewonnene Erkenntnis der Wichtigkeit des engen Begleitens eines Projektes, des Anspruchs an das Fertigdenken, verbindet uns.

Was ist euch wichtig im Denken und Entwerfen?

Im Vordergrund steht die Idee. Wir bezeichnen sie bevorzugt als eine Behauptung, da sie jedem Entwurf vorausgeschickt wird. Diese schärfen wir im Gespräch, konkretisieren sie und entwickeln sie weiter. Oder nehmen sie zurück. Überhaupt nimmt das gemeinsame Reden in unserer Arbeit viel Raum ein. Der produktive Dialog wechselt dabei sprunghaft zwischen flexiblem, intuitivem Chaos und strukturierter Ordnung und hilft, unsere Ideen gedanklich zu präzisieren. Dabei bedingen sich Entscheidungen gegenseitig. Wir mögen es, wenn sich Dinge fügen. Und streben oftmals nach einer übergeordneten Ruhe, welche von Einfachheit und Klarheit geprägt ist.

Und wie zeigen sich diese Aspekte konkret in einem von Euch ausgewählten gebauten Projekt?

Durch die simple Setzung des Kerns: Die Wohnung des Regelgeschosses zeichnet sich durch einen einfachen, offenen Grundriss aus, der fliessend um den Erschliessungskern modelliert ist. Oder umgekehrt: Die Positionierung des Kerns wird raumbildend. Es resultieren nutzungsspezifische Zonierungen, die durch bewegliche Schiebetüren beliebig zusammengeschlossen oder abgetrennt werden können. Das in die Tiefe verdrängte Treppenhaus ist Voraussetzung für den direkten Fassadenanstoss sämtlicher Räumlichkeiten, die folglich natürlich belichtet und belüftet werden können. Dessen azentrische Setzung im Besonderen erlaubt ein Spiel über gewohnte Proportionen und Abmessungen hinaus – es entsteht ein Nebeneinander von Enge und Weite, Kontinuität und Abwechslung. Natürlich wird das Projekt im Erd- oder Dachgeschoss komplexer, aber alles hängt irgendwie mit dem Kern und der Bewegung im und um ihn herum sowie dem durch den Kern evozierten Raum (-gefühl) zusammen.

Bläsi, Wohnhaus mit Atelier in Basel

Wallimann Reichen, Basel

www.wallimannreichen.ch

Bläsiring 159, 4057 Basel BS; Bauherrschaft: Privat; Architektur und Bauleitung: Wallimann Reichen; Chronologie: 2019-2021; Fotografie: Rory Gardiner.

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