JAS Nº 4 – Becker & Umbricht Architekten, Zürich

Grundfragen und räumliche Vielfalt

Auf eine erste Anfrage hin erhielten wir ein Dossier mit Perspektiven, die die Räume ihres Erstlingswerks mit feinen hellblauen Linien nachzeichnen. «Vielversprechend», sagten wir uns, und das eben fertiggestellte Haus U von Henrik Becker (1984) und Michael Umbricht (1980) macht neugierig auf weiteres …

— Tibor Joanelly, 11.07.2016

Was hat Euch zur Architektur geführt?

Wir haben Becker & Umbricht Architekten 2013 gegründet. Vorher studierten wir beide an der ETH Zürich, lernten und arbeiteten bei Kersten Geers, Christian Kerez, Valerio Olgiati und David van Severen.

Was ist Euch bei der Arbeit wichtig?

Unser gemeinsames Interesse für eigenständige Architektur bildet die Grundlage unserer Arbeit. Wir haben dabei weder ein Rezept noch interessiert uns ein besonderer Stil. Wir versuchen vielmehr uns von jeglicher Art der Nostalgie zu befreien. Wir beschäftigen uns daher mit den elementaren Dingen der Architektur: Geometrie, Ordnung, Struktur, Konstruktion und Raum.
Wir verstehen die Ordnung eines Gebäudes im Sinne einer Grammatik, durch welche die einzelnen Elemente der Architektur einander verbindlich zugeordnet werden. Jedes Element oder jeder Raum soll dabei eine spezifische Ausformulierung haben, die sich beispielsweise aus den Anforderungen der Bauherrschaft, der Parzelle, der Baugesetze, vor allem aber aus einer übergeordneten architektonischen Idee ergeben. Diese Idee ist individuell und spekulativ und soll zur Klärung einer der Aufgabenstellung innewohnenden Grundfrage beitragen. Dadurch soll trotz aller Rigidität der übergeordneten Grammatik eine möglichst grosse räumliche Vielfalt und Dichte entstehen.
Die Ordnung eines Gebäudes kann dabei idealerweise nicht aus einem einzelnen Element oder Raum abgeleitet, sondern nur durch eine ganzheitliche Betrachtung verstanden werden.
Durch dieses konzeptuell geprägte Verständnis einer architektonischen Ordnung möchten wir thematisch vielschichtige, aber stringente Architekturen entwickeln, die eine geheimnisvolle Ambivalenz zwischen Erklärbarkeit und Irrationalität bewahren.

Welche Gedanken sind zentral für Euren Entwurf?

Das freistehende dreigeschossige Haus U befindet sich in einem Einfamilienhausquartier in Münsterlingen am Bodensee. Die im Verhältnis zum Raumprogramm knappe Grösse der Parzelle erfordert ein hohes Mass an Präzision in der Setzung des Gebäudevolumens und der Disposition der Grundrisse. Ziel war ein Haus zu entwickeln, das unabhängig von den Faktoren der Umgebung und der Baugesetze eine eigene innere Ordnung und eine räumliche Vielfalt, Dichte und Grosszügigkeit entfalten kann.

Haus U, Münsterlingen

Becker & Umbricht Architekten, Zürich

http://www.beckerumbricht.com

Haus U

Münsterlingen TG; Bauherrschaft: privat; Architektur: Becker & Umbricht Architekten, Zürich; Chronologie: Direktauftrag, Planungsbeginn: Frühling 2013, Ausführung: Januar – November 2015, Bezug: Dezember 2015; Fotos: Hans Schürmann, Zürich

Annonce