JAS Nº 30 – Marion Hoffmann Architektin GmbH, Zürich

Schönheit liegt nicht im Extravaganten

Eine junge Zürcher Architektin baut als Erstling ein stattliches Mehrfamilienhaus, das sich trotz grösserem Volumen harmonisch an die Stimmung und den Formenkanon des umgebenden Wohnquartiers anknüpft.

— Daniel Kurz, 09.10.2018

Was ist Deine berufliche Herkunft?

Während meiner Ausbildung und beruflichen Laufbahn hatte ich Gelegenheit bei unterschiedlichsten Architekten wie z.B. Annette Gigon, Florian Nagler, Herzog & de Meuron oder weberbrunner architekten zu lernen und zu arbeiten. Im Jahr 2007 eröffnete sich für mich die Möglichkeit, bei Prof. Miroslav Šik nochmals in eine andere Welt hineinblicken zu können. Inspiriert durch seine Gedanken zur Architektur aber auch seine Entwurfsmethodik habe ich schlussendlich mein architektonisches Zuhause gefunden.

Was ist Dir wichtig im Denken und Entwerfen?

Für den architektonischen Ausdruck sowie die städtebauliche Setzung eines neuen Gebäudes ist die Analyse des Ortes besonders wichtig. Welche Themen sind für einen Ort charakteristisch? Wie ist die Körnung des Quartiers, der Kontext, die Geschichte oder auch die Stimmung? Was sind die Qualitäten, die diesen Ort ausmachen? Diese Eindrücke oder Ergebnisse überlagere ich mit der neuen Aufgabe. Teilweise analytisch, oft aber auch intuitiv.
Ich verstehe die Stadt als ein sich langsam entwickelndes Gefäss. Je ansprechender und angenehmer dieses Gefäss, desto wohler fühlen sich die Bewohner. Schönheit liegt für mich dabei nicht im Extravaganten oder Speziellen, sondern in der Ruhe, welche durch das Miteinander verwandter Themen ausgestrahlt wird – einzelne Repräsentativbauten ausgenommen.
Gebäude sind ein sich seit Jahrhunderten weiterentwickelndes Produkt. Es ist mir wichtig, auf die architektonische Themen zurückzugreifen, welche sich architekturgeschichtlich bewährt haben, sie aber je nach Situation an die heutige Zeit anzupassen. Ästhetik, Technik und Funktion müssen eine harmonische Einheit bilden.

Wie zeigen sich diese Aspekte konkret im gebauten Projekt?

Das ersetzte Wohnhaus an der Dachslernstrasse 47–49 war ursprünglich Teil einer grösseren Quartierplanung mit offenem fliessenden Umschwung und schlichten, aber charmanten Zeilen aus den 1950ern. In diesen Kontext reiht sich das neue Gebäude ein.
Themen wie die leicht geneigten Satteldächer, Ausbildung des Fensters mit umlaufender Einfassung, Klappläden als Sonnenschutz und verputzte Fassade mit Metallstaketengeländern werden beim Neubau übernommen und neu interpretiert. Als Saum der Gehwege werden im Aussenraum sogar die originalen Bruchsteinplatten wieder verwendet.
Die Grundrisse sind mehrheitlich als offener Rundlauf organisiert. Dieses moderne Thema wird bewusst mit althergebrachten räumlichen Zuordnungen überlagert.

Mehrfamilienhaus Dachslernstrasse, Zürich-Altstetten

Marion Hoffmann Architektin GmbH

www. marionhoffmann.ch

Dachslernstrasse 47-51, Zürich-Altstetten; Bauherrschaft: Jegen Immobilien AG, Zürich; Landschaftsarchitektur: noa landschaftsarchitektur, Zürich; Chronologie: Wettbewerb 2013, Planungsbeginn 2014, Bezug 2018. Fotos: Karin Gauch, Fabien Schwartz

Annonce