Brennende Tempel

Was ist ein Monument? Pier Paolo Tamburelli von baukuh beantwortete die Frage von unserem Redaktor Roland Züger (anlässlich der Präsentation von Two Essays on Architecture) folgendermassen: Erinnerungskultur sei heute kurzlebig und vergänglich, und die wahren Monumente seien Objekte, denen die Menschen von sich aus Bedeutung schenkten. Ein solches Monument etwa ist die Flamme de la Liberté in Paris, die nach dem tragischen Unfalltod von Prinzessin Diana von Trauernden spontan zum Diana-Denkmal umgewidmet worden ist – mit niedergelegten Blumensträussen und Teddybären.

Derlei off the record vollzog sich auch die Wandlung einer kalifornischen Variante des Böögg-Verbrennens hin zu einem der bedeutendsten Open-Air-Festivals in den USA, dem Burning Man mit 68 000 Zuschauern 2014. Die Mischung aus Rave-Anlass, Kunst-Happening und Fasnacht fand eben gerade in der Wüste Nevadas in Black Rock City zum 29. Mal statt; die Jahre davor sind in einem neuen Buch von Taschen dokumentiert.

Der Blick auf Hippie- und Festivalkultur lohnt sich alleweil (auf Community-Gefühl, Hacker-Pathos und Selfmade-Intelligenz) – gerade auch weil im Buch The Art of Burning Man nebst irren Wüstengefährten die sogenannten «Tempel» porträtiert sind. Es sind Gebäude, die seit 1999 mit hoher architektonischer Professionalität erstellt und am letzten Tag jeweils angezündet werden. Das kollektiv organisierte Bauen, Erinnern und Abfackeln erfüllt dabei eine kathartische Funktion. Es stört nicht im geringsten, dass all dies längst schon Mainstream geworden ist – im Gegenteil: Die hippieeske Avantgarde ist gerade darin der Architektur um einiges voraus! 

— Tibor Joanelly
© NK Guy
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