Ausstellung zu Architektur und Stadt im Spiegel der Karikatur

Architektur gilt als humorlose Disziplin. Der tägliche Kampf gegen Brandschutz-Vorgaben, Kostensteigerungen oder Terminverzögerungen kostet die Architekturschaffenden nicht selten die letzten Nerven. Gleichwohl gilt: Nur wer genügend Abstand wart im Tagesgeschäft findet Möglichkeiten zur Reflektion. Und der Humor böte bekanntlich ein Mittel, Distanz herzustellen.

Dass etwas Abstand von den Problemen des Alltags in Architektur und Städtebau von Nöten wäre, mag niemand aus der Profession zu bezweifeln. Mit etwas Distanz klären sich Probleme leichter. Und mit einer Prise Humor gewürzt, lässt sich auch die vielfach beklagte Kluft zwischen architektonischem Idealismus und gesellschaftlicher Realität vielleicht sogar mit einem Schmunzeln geniessen. Ein guter Anlass dazu bietet nun eine Karikaturen-Ausstellung, die am 21. September in Winterthur eröffnet wird.

Der Architekturtheoretiker Andri Gerber, der selber an der ZHAW in Winterthur lehrt, hat in den ehemaligen Sulzerhallen, die heute als Architekturschule dienen, die Schau zusammengestellt. Gerade gesellschaftliche Umbrüche und soziale Spannungen lassen sich gut in Karikaturen darstellen. An die Aktualität gebunden, haben sie oft eine kurze Halbwertszeit und sind vielfach an ein bestimmtes Medium wie Tageszeitungen gebunden. Gleichwohl sind sie sprechende historische Zeugnisse.

Architekten und Architektinnen wie Saul Steinberg, – der die Karikatur sogar zum Beruf gemacht hat – «Ironimus» (Gustav Peichl), Claude Parent, Léon Krier oder jüngst Federico Babina und Luis Miguel Lus Arana (Klaus Toon) greifen immer wieder zum Mittel der Karikatur als unterhaltsamer, mitunter giftiger Kommentar zur Gegenwart.

Gerade in Krisenzeiten wie heute sei die Karikatur ein starkes Medium, meint Gerber, nicht allein wegen ihrer Wirkung, genährt aus der Vereinfachung, sondern auch aufgrund ihres Potentials zur Erheiterung. Diesen Vorzug hat bereits Walter Benjamin gut auf den Punkt gebracht, indem er sagte: «Nur nebenbei sei angemerkt, dass es fürs Denken gar keinen besseren Start gibt als das Lachen. Und insbesondere bietet die Erschütterung des Zwerchfells dem Gedanken gewöhnlich bessere Chancen dar als die der Seele.»

— Roland Züger

Die Ausstellung kann während der Öffnungszeiten des Departements Architektur, Gestaltung und Bauingenieurwesen besichtigt werden.

Ausstellungseröffnung: 21.9.2020, 18:00 mit Stefanie Diekmann und Ruedi Widmer, Departement Architektur, Gestaltung und Bauingenieurwesen, Blauer Saal, Tössfeldstrasse 11, 8400 Winterthur

© Klaus Toon
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