Neutra in Bewegung

Erst eben lief im Kino ein bewegender Film über Alvar Aalto und seine Frau Aino (die mit der Dokumentation aus dem Schatten Ihres Mannes heraustreten konnte), nun ist Richard Neutra als weiterer Pionier der Moderne an der Reihe. Premiere ist am kommenden Wochenende, am 14. November.

Der Film von PJ Letofsky überspannt Neutras ganzen Leben und Schaffen von Wien bis San Francisco; er zeigt, wie der Architekt sich der Moderne verpflichtete und in Kalifornien dann mit seinen ikonischen Bauten zu einem eigenen Stil fand – oder besser: zu dem, was Philip Johnson und seine Mitkuratoren im MoMa 1932 als International Style bezeichneten. Dieser wurde durch die Sprache Neutras entscheidend mitgeprägt.

Warum hat gerade Neutra eine besondere Aktualität? Seine «biorealistische Architektur» ist sowohl funktionalistisch als auch radikal optimistisch. Dabei steht nicht unbedingt wie bei vielen Zeitgenossen die Performance der damals neuen Mittel wie Beton, Stahlprofile oder Automobil im Vordergrund, sondern der Mensch selbst und seine physikalischen und psychischen Bedürfnisse. Neutras wissenschaftlicher Ansatz ähnelt dabei jener Suche nach materialistischen Bedingungen der Architektur, wie sie auch Philippe Rahm an dieser Stelle mit seiner Umweltgeschichte formuliert hat.

Neutras (spätere) Bauten sind geometrisch und funktional komplexe Organismen, und selbst wenn sie auf Bildern fotogen daherkommen, so erschliessen sich ihre inneren und äusseren Bezüge erst richtig durch die Bewegung. Und gerade da ermöglicht der Film nebst der passenden Dokumentationstechnik auch eine weitere Steigerung des Erlebens, sicher gerade auch im Sinne von Neutra selbst: Bewegung, verstanden als eine Art raum-zeitliche Synästhesie.

— Tibor Joanelly

Neutra – Survival Through Design
Spielzeiten:
Kino Rex, Bern: 14. November 2021, 11h und 20. November 2021, 12h
Kino Cameo, Winterthur: 17. November 2021, 18h und 26. November 2021
Trailer: https://vimeo.com/343530289
http://neutrafilm.com/

© Martine Hesse
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