Selbst organisierte Flüchtlinge

Wie unter dem Brennglas zeigen sich in einem Artikel der NZZ die planerischen Bedingungen und das Resultat der Flüchtlingshilfe in Jordanien. Im weltweit drittgrössten Camp Zaatari direkt an der syrischen Grenze haben Flüchtlinge in eigener Initiative begonnen, mit Esswaren, Strom und anderem Lebensnotwendigen Handel zu treiben. Anders als bei der UNHCR sonst üblich, wurde diese Praxis durch den für die Leitung des Lagers Verantwortlichen Kilian Kleinschmidt und sein Team unterstützt. Auch das Aufstellen der Zelte und Container wurde den Leuten selbst überlassen, und es bildeten sich bald stadtähnliche Organisationsformen, die an das Gassengewirr mittelalterlicher Siedlungen erinnern. Tatsächlich erwiesen sich die selbstorganisierten Strukturen als leistungsfähiger; Versorgungsengpässe konnten behoben, Wege abgekürzt und Zeit gespart werden. Der Grundriss des Camps zeigt exemplarisch, wie Planung zwischen Kontrolle und Laissez-faire funktionieren kann, ein Themengebiet, dem bereits Frei Otto mit seinem Institut für Leichtbau an der Universität Stuttgart in den 1970er Jahren auf der Spur war.

Und bei uns? Man streitet sich, ob Ikeas Flüchtlingshütten feuerfest sind, ob die Holzhütte für eine ganze Familie in Zürich 3800 statt 1500 Franken kosten dürfe. Dafür werden die Fluchtwege(!) eingehalten und das Elend kann sauber verwaltet werden. Selbstorganisation nicht erwünscht.

— Tibor Joanelly

© U.S. Government Work
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