Mit ihren Vorgärten und mit ihrer Monokultur des Wohnens mag die Siedlung zwar wenig urban erscheinen. Doch sie bietet Freiräume im Nahbereich, Licht, Sonne, Ausblicke, Grün – und Nachbarschaft statt Anonymität. Nur leider wendet sie der Stadt, der öffentlichen Strasse meist ihren Rücken zu und bezieht sich allzu sehr nur auf sich selbst. Wie könnte die Siedlung vermehrt Anschluss finden an den Raum der Stadt? Mit Siedlung meinen wir eine Überbauung von einheitlicher Architektur und Umgebungsgestaltung auf einem grösseren Areal. Kraft ihrer Grösse können in der Siedlung Orte geschaffen werden, die auf ein Kollektiv ausgerichtet sind. Das können eigentliche Gemeinschaftsräume sein, mindestens sind es aber baumbestandene Freiräume, die der Siedlung Mitte und Identität verleihen – und Orte, deren Öffentlichkeitsgrad nicht ohne weiteres klar ist. Die Kunst des Siedlungsbaus ist, die Übergänge zwischen öffentlichen und privaten Bereichen klug zu moderieren. Besonders interessant wird die Aufgabe, wenn es darum gehen soll, der Siedlung Anschluss an den öffentlichen Raum zu verleihen.
Roland Züger, Seraina Wirz (Bilder)
Müsste sich das neue Quartier in Zürich von Knapkiewicz + Fickert zwischen Siedlung und Stadt entscheiden, so wählte es wohl letztere. Denn die Architektinnen und Architekten bauten einen wirklich urbanen Strassenraum und formten ein Tor zum See. Und dennoch findet sich auch viel Siedlungs-Typisches am Übergang vom Seefeld zum Park am See: weite Ausblicke, Grün, Räume für die Gemeinschaft und dazu starke Farben.
Im grünen Aussenquartier von Genf leisten Lin Robbe Seiler Präzisionsarbeit. Die drei Baukörper der Siedlung La Gradelle sind so austariert, dass sie mit dem engen und weiten Kontext ringsum reden und zugleich einen Raum aufspannen, der es in sich hat. An der Organisation dieses offenen Zentrums zeigt sich, was das Denken in urbanen Kategorien bei den Vorzügen von «Luft und Sonne» möglich macht. Originaltext Französisch
Sibylle Aubort Raderschall und Eberhard Tröger im Gespräch mit Tibor Joanelly und Jenny Keller
Es ist nicht einfach mit dem Verhältnis von Siedlung und Stadt – denn bereits bei einer möglichen Abgrenzung scheiden sich die Geister. Im Gespräch zwischen Landschaftsarchitektin und Urbanitätsforscher wird deutlich, dass nicht nur Öffentlichkeit verschieden verstanden werden kann, sondern auch die Bedeutung der Infrastrukturen und Grenzen, die Stadt ausmachen.
Die Stadtsiedlung Reitmen in Schlieren gibt sich städtisch. Kein Vorgarten packt das Wohnen in Watte, vielmehr rücken die Häuser bis hart an die Strasse vor. Diversität als Merkmal des Städtischen wird gross geschrieben: Sechs Häuser in sechs Farben samt unterschiedlicher Typologien und Nutzungen haben Haerle Hubacher mit Steib Gmür Geschwentner Kyburz und Raderschall Partner entworfen.
Hofmauern prägen das Bild von Altdorfs Zentrum; einst beschirmten sie die Häuser der Urner Kriegsherren in fremden Diensten, und für eine Stadterweiterung waren sie jüngst Referenz. Tschuppert Architekten und Geissbühler Venschott planten und bauten ein Ensemble, das städtischer nicht sein könnte: Allem voran verliehen sie dem urbanen Raum Form, legten Gassen und Plätze an – ein neues System von Freiräumen, das nun nahtlos an die bestehende Morphologie von Altdorf anschliesst.
Ende 2021 ist Daniel Kurz als Chefredaktor dieser Zeitschrift zurückgetreten. Caspar Schärer, Generalsekretär des BSA und ehemaliger Kollege, würdigt die Arbeit des Architekturvermittlers und auf werk-material.online gibt es eine neue Funktion für die Kostengliederung nach Bauteilen.
Tiere und Pflanzen formten schon immer unsere Städte. Folgt man Philipp Nogers Plädoyer für Biodiversität, so sind Flüchtigkeit und Veränderlichkeit die Gebote einer lebensfähigen Stadt (oder des Dorfs) in Zeiten des Klimawandels.
Eine Kirche abbrechen und als Teil eines Wohnensembles neu bauen, sodass beides voneinander profitiert und die sakrale Nutzung auch einen entsprechenden Auftritt hat? Dies war die Wettbewerbsaufgabe in Zürich-Schwamendingen. Barbara Wiskemann berichtet.
In einer Zeit wachsender Spannungen zwischen den USA und China zeigt das MoMA in New York eine Ausstellung über das östliche Reich in einem freundlich-innovativen Licht. Sarah Pines hat die Ausstellung für uns besucht.
Für alle, die ihre Büchergutscheine vom Weihnachtsfest in Lesenswertes ummünzen wollen, stellen wir vier Neuerscheinungen vor: Das anthos-Jahrbuch für Landschaftsarchitektur, einen Band über Lucius Burckhardt als Werk-Redaktor, ein neues Buch über den Palazzo Rucellai und die Neuauflage der Zürcher Städtebaugeschichte Die Disziplinierung der Stadt von Daniel Kurz.
Beno Aeschlimann, 1968–2021
Eine Archiv-Homestory über Annemarie Hubacher-Constam, die Chefarchitektin der Saffa 1958, erzählt von der Architektin zwischen Beruf und Familie und modifizierten Rollenbildern um Aufsichtspflicht und Verantwortlichkeit.
Jugendwohnheim Astural in Anières GE, Lacroix Chessex Architectes Originaltext Französisch