Ausgezeichnete Romands

Die Zeremonie erinnerte an das Oscar-Ritual: Bis zum letzten Augenblick wussten die 27 Nominierten nicht, ob sie im Genfer Pavillon Sicli über den roten Teppich gehen und einen Preis abholen oder nur ihren glücklichen Kollegen gratulieren würden. Acht Bauherren und Architekten erhielten schliesslich aus Händen der früheren Preisträger die Distinction Romande d’Architecture 2018 (DRA IIII).

Die diesjährige Auswahl unterscheidet sich radikal von jener vor vier Jahren. Damals hatten zwei Genfer Büros – Charles Pictet und Lacroix Chessex – sämtliche Auszeichnungen abgeholt. Diesmal sind acht Büros und drei Westschweizer Kantone bedacht worden. Und offensichtlich war ein zentrales Kriterium der Jury diesmal die gesellschaftliche Verantwortung: Praktisch alle Projekte dienen in einem sozialen Sinn der Öffentlichkeit, und alle nehmen den Gedanken der Nachhaltigkeit sehr ernst. Die Jurypräsidentin und legendäre sozialdemokratische Politikerin Yvette Jaggi stellte diese Ziele denn auch in ihrer Laudatio heraus.

Ausgewählt wurden für die DRA IIII die folgenden Projekte:

Ecole de la Verrerie FR
Alain Wolff architectes, Vevey 2016

Parlement vaudois, Lausanne
Atelier Cube / Bonell i Gil, Lausanne / Barcelona 2017

Revitalisation de l’Aire, Kanton Genf
Atelier Descombes Rampini 2015

Salle polyvalente à le Vaud VD
Localarchitecture, Lausanne 2018

Centre village, Cressier
LVPH architectes, Pampigny 2017

Ecole primaire à Châteauneuf-Conthey VS
Bonnard Woeffray architectes, Monthey

Rigaud 55, Chêne-Bougeries GE
Bonhôte Zapata architectes, Genève

Maison Farel / Farelhaus, Biel-Bienne
ARGE Farelhaus, 0815 Architekten, Bart Buchhofer, spaceshop, Biel-Bienne

Die Renaturierung des Genfer Flüsschens Aire (2015) und das Waadtländer Parlament (2017) stechen an Bedeutung aus der Gruppe heraus, dazu gesellen sich – auch bei den 12 projets mentionnés hauptsächlich Schulhäuser, Gemeindesäle, öffentliche Plätze und soziale Wohnbauprojekte. Es fällt auf, dass es architektonisch besonders «bunte Vögel» unter den Nominierten nicht in die Endrunde geschafft haben – wie etwa die «Grange-Ecole» in Orsonnens von Ted’A arquitectes aus Mallorca (wbw 4–2018), welche der sorgfältig, aber weniger auffällig gestalteten Schule im nahen La Verrerie den Vortritt lassen musste.

Hinter der Auswahl stehen ein katalanisches Kuratorenteam und eine überaus international besetzte Jury. «Wir wollten uns diesmal nicht nur von Deutschschweizer Architekten beurteilen lassen», erklärt der Genfer Kantonsarchitekt Francesco Della Casa. Nicola Regusci und Xavier Bustos aus Barcelona haben Auswahl und Präsentation kuratert. Zur Jury gehörten als Vizepräsident Tony Fretton (ETH Zürich), Givanna Carnevali (Mies van der Rohe Foundation, Barcelona), Audrey Contesse (Kuratorin, Brüssel), Matthias Heinz (pool architekten Zürich), Andrea Pedrazzini (Pedrazzini ingegneri, Lugano) und Christophe Ponceau (Landschaftsarchitekt, Paris). Wer die Auswahl nicht nur online studieren möchte, kann bis zum 14. Oktober 2018 die Ausstellung im Genfer Pavillon Sicli besuchen. Sie wandert danach über Lausanne nach Zürich, stets begleitet von öffentlichen Debatten.

— Daniel Kurz
© Lluis Casals
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