10 – 2021

Lausanne

Eine Stadt in Bewegung

Lausanne ist in Bewegung. Unter dem Motto Lausanne en 2030 will die Kantonshauptstadt um 30'000 neue Einwohnerinnen und Einwohner wachsen – im Gleichschritt mit dem dynamischen Westen. Der Bahnhof Lausanne wird bis 2031 auf doppelte Kapazität ausgebaut, und gleich nebenan wird mit dem Neubau des mudac von Aires Mateus 2022 das Museumsquartier fertiggestellt. Eine dritte Metrolinie und das Tram nach Renens machen den neuen Bahnhofplatz zum multimodalen Hub. Lausanne ist Topografie: Hohe Brücken wie der Pont Bessières mit der darunterliegenden Metro M2 evozieren Grossstadt-Dynamik, doch die geltende Bauordnung – so die Kritik von Architekturschaffenden – verhindert urbane Stadträume und privilegiert stattdessen den begehrten Blick auf See und Alpen. Lausanne ist Sport: Hier steht der (neue) Hauptsitz des IOK, doch wir legen das Augenmerk auf das ebenfalls neue Stade de la Tuilière, mit dem sich der Fussballclub Lausanne-Sport ein Flaggschiff errichten liess, das auch sportliche Erfolge nach sich ziehen soll. Die Verlagerung der Sportanlagen stadteinwärts vom Stadion ermöglichte erst das Ecoquartier Plaines-du-Loup, das jetzt Gestalt annimmt und Lebens- und Arbeitsraum für 11'000 Personen auf der Hochebene von Blécherette ermöglicht.

Lausanne Moderne: Das Spektakel einer Stadt, die ihre Topografie dominiert.
Illustration: Oscar Gential

Lausanne verstehen

Permanente Strukturen in der ewigen Baustelle

Sylvain Malfroy, Oscar Gential (Illustrationen)

Topografisch gesehen ist Lausanne eine Hangstadt, in soziologischer Hinsicht war sie seit jeher eine Stadt der Einwanderung: Wer Lausanne verstehen will, muss zurückschauen und erkennt dann, weshalb sie im Westen weiter wächst. Orginaltext Französisch

Dynamik im Westen: Blick über die Brücke der Metro M1 (Richtung Hochschulen) auf das Entwicklungsgebiet Sébeillon mit der grossen SBB-Güterhalle.

Perspektiven der Stadt

Eik Frenzel

Lausanne beherrscht den Hang, berührt aber kaum das Ufer des Sees. Die Stadt ringt zwischen landschaftlicher Einbettung und städtischer Dichte.

Stadt am Hang: Blick von der Höhe des CHUV über das Tal des Flon und das Stadtzentrum nach Westen.
Bild: Eik Frenzel

Wie die gebaute Stadt verdichten?

Lausanne plant partizipativ

Nicole Christe, Julien Guérin und Yves Bonard im Gespräch mit Daniel Kurz und Jenny Keller

Mit sechs Entwicklungsgebieten entlastet Lausannes Richtplan die bestehenden Quartiere vom Wachstumsdruck. Sonderbauvorschriften ermöglichen punktuelle Verdichtungen – dabei sichert sich die Stadt weitgehende Gegenleistungen. Ohne Partizipation finden in Lausanne keine städtebaulichen Projekte statt. Originaltext Französisch

Mit dem Rayon vert, der breiten, oberirdischen Passerelle über den umgebauten Bahnhof Renens, bauten die Gemeinden des Ouest Lausannois in ihrer Mitte eine symbolische und stadträumliche Klammer.

Bahnhof Renens, Rayon vert

m Zentrum des Ouest Lausannois wurde nicht nur der Bahnhof ausgebaut: Der Rayon Vert bildet eine Klammer zwischen den angrenzenden Gemeinden.

Bäume auf dem weitgehend unterbauten Platz als Allegorie f¨r den Plan Climat der Stadt Lausanne  Renderings: Archigraphie

Bahnhofquartier Pôle Gare

Die Kapazitätssteigerung am Bahnhof Lausanne bringt eine Transformation der Stadt mit sich.

Dramatisch aufgeworfene Ecken sorgen für durchlaufende Ränge und wirken als statische Gegengewichte für die Tribünen. Das niedrige Dach verdichtet die akustische Atmosphäre.
Bild: Ariel Huber

Eine neue Hoffnung

Stade de la Tuilière von :MLZD und Sollberger Bögli

Tibor Joanelly, Ariel Huber (Bilder)

Stärke demonstriert das Stade de la Tuilière von :MLZD und Sollberger Bögli.

Alternativen zum generischen und allgegenwärtigen
Modell des Plot. 
Bild: Michel Bonvin

Für eine Baukultur mit urbanem Anspruch

Wohnungsbau: vom Plot zum städtebaulichen Projekt

Yves Dreier

In der viertgrössten Stadt der Schweiz wird aktuell darüber diskutiert, wie der kommunale Richtplan von 2019 in ein Baugesetz umgesetzt werden soll. Dabei kollidiert der urbane Anspruch mit dem Wunsch nach optimierter Aussicht auf die französischen Alpen und den See. Eine städtisch geschlossene Bauweise war bislang nur über das Instrument des Sonderbauordnung möglich. Originaltext Französisch

Zwischen altem Olympia-Stadion Pontaise und neuem Fussball-Tempel Stade de la Tuilière erstreckt sich das zukünftige Ecoquartier Plaines-du-Loup.
Bild: Ville de Lausanne

Ecoquartier Plaines-du-Loup

Baiserend auf einem Masterplan von Tribu Architectes und Teil des Stadtentwicklungsprojekts Métamorphose, bauen mehrere Büros ein Quartier für 11'000 Menschen auf städtischem Land.

Drei Baukörper spielen mit Topografie und Strassenraum. Öffentliche Funktionen bilden trotz überwiegender Wohnnutzung öffentliche Orte. 
Bild: Michel Bonvin

Les Falaises

Drei Baukörper nutzen das Gelände auf spektakuläre Weise und bieten Platz für knapp 200 neue Wohnungen. Die Architekten Monnerat Petitpierre Hunger schufen Öffentlichkeit und verzichteten auf jede Form von Attitude.

Mit individuell berankbaren Netzen und textil gewellten Betonelementen wirken die Fassaden rundum weich.
Bild: Michel Bonvin

Les Boveresses

In einer Überbauung aus den 1970er Jahren im Norden der Stadt haben FHV Architectes eine bestehende Überbauung intelligent um 60 neue Wohnungen verdichtet. Der Bau schafft im Quartier eine neue Mitte.

Onlinekarte

Bauten und Projekte

Es wird gebaut wie fast nie: Bei anhaltender Hochkonjunktur verstecken sich zwischen viel Durchschnitt bemerkenswerte Perlen. Die Standorte der Bauten lassen sich im E-Paper und auf dem Web auch online abrufen.

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Leserbriefe

Die Wettbewerbskritik von Bernhard Furrer zum Textilmuseum St. Gallen stösst auf Widerspruch. Jean-Pierre Wymann, Mitglied der SIA-Wettbewerbskommission, stellt klar.

Debatte

In der Stadt Zürich ist Netto-Null bereits für 2035 gesetzt. Annette Aumann, Leiterin der Fachstelle Nachhaltiges Bauen im Amt für Hochbauten Zürich, zeigt wie die anstehenden Herausforderungen gemeistert werden können.

Wettbewerb

In Inwil im Kanton Zug soll eine Siedlung mit hohem Denkmalwert abgerissen werden. Dass es auch anders ginge, schreibt Philippe Koch mit Verweis auf den zweiten Preis.

Ausstellungen

Sigurd Lewerentz! Der Architekt Samuel Lundberg erklärt mit Blick auf die grosse Ausstellung und ihren Katalog die besondere Anziehungskraft des schwedischen Baukünstlers.

Bücher

Ein neues Handbuch zu Stadtsoziologie und Stadtentwicklung zeigt, wie Urbanität mehrdimensional verstanden werden kann. Die Soziologinnen Stephanie Hering und Christina Schumacher schaffen Überblick über die 800 Seiten.

Nachrufe

Ernst Gisel, 1922–2021, Josef Stöckli, 1929–2021

Die Eigenständigkeit des Stöcklis ist architektonischer Natur. Der Pavillon befindet sich in nächster Nähe zum Bauernhaus von 1808.
Bild: Architekten

Erstling

Wenn schon, denn schon

Annina Meier

Das Haus Scholl in Selzach von Meier Unger ist ein bravouröses Gesellenstück – und als «Stöckli» eigentlich schon fast ein Bauernhaus.

Der Innenhof öffnet sich mit einer hohen Arkade zur Strasse und bildet doch einen Ruhepol im lebhaften Stadtquartier.
Bild: José Hevia

543 offene Räume

Wohnungsbau in Cornellà de Llobregat (Barcelona) von Peris + Toral

Xavier Bustos Serrat, Nicola Regusci José Hevia (Bilder)

Im Vorort Cornellà de Llobregat bei Barcelona bauten Peris + Toral einen Sozialwohnungsbau aus Holz mit radikalem Grundrisskonzept. Originaltext Spanisch

Eine L-förmige Sichtbacksteinmauer trennt den neuen Friedhofsbereich von den christlichen Grabfeldern nebenan.
Bild: Markus Dorfmüller

Ein levantinisch-nordischer Hybrid

Muslimisches Wasch- und Gebetshaus in Hamburg von Medine Altiok

Olaf Bartels, Markus Dorfmüller (Bilder)

Das muslimische Wasch- und Gebetshaus an der Hamburger Peripherie bietet einen Ort für die Rituale rund um die letzte Ruhe. Die Architektin Medine Altiok fand eine zeitgemässe Form.

Les angles en porte-à-faux contreventent la structure du stade et offrent à l’intérieur des gradins dont les spectateurs pourront profiter lors de la mi-temps.
Bild: Ariel Huber

werk-material 12.02 / 778

Eine neue Hoffnung

Tibor Joanelly, Ariel Huber (Bilder)

Stade de la Tuilière, Lausanne von :mlzd et Sollberger Bögli architectes, Bienne

Die Ausweitung der Vorgartenzone schafft einen Ort mit Aufenthaltsqualität samt Brunnen, Bäumen und Tramhaltestelle.
Bild: Lukas Schwabenbauer

werk-material 09.03 / 779

Der Schatten als Baumeister

Roland Züger, Lukas Schwabenbauer (Bilder)

Kirchenzentrum St. Christophorus Basel von Lorenz Architekten

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