Roche Basel: Auch klimapolitisch gegen den Abbruch

Eine Gruppe von ausgewiesenen Basler Fachleuten und engagierten Persönlichkeiten veröffentlichte dieser Tage eine Erklärung, welche die geplanten Abbrüche in einem grösseren – auch klimapolitischen – Rahmen diskutiert und die Unterschutzstellung der bedrohten Roche-Bauten fordert. Davor hat bereits der Berner Architekturhistoriker Bernd Nicolai zum Schutz der vom Abbruch bedrohten Roche-Bauten in Basel aufgerufen (vgl. auch das aktuelle Heft wbw 1/2-2021 Spitalbau heute) und erläutert den herausragenden architektonischen Zeugenwert der bedrohten Bauten von Otto Rudolf Salvisberg und Roland Rohn.

Das alte Roche-Hochhaus von Rohn mit seiner Curtainwall-Fassade prägt seit 70 Jahren die Silhouette des Roche-Areals am Rhein; der Laborbau (Bau 27) von O.R. Salvisberg hat in den 1930er Jahren diesen Gebäudetypus im Geist der Klassischen Moderne neu definiert. Beide Bauten sind herausragende Zeugen einer hochstehenden Schweizer Industrie-Baukultur, die bis heute das Roche-Areal in Basel prägt.

Mit der 2019 veröffentlichten «Vision Südareal» für das Werksgelände an der Basler Rheinfront plant der Basler Pharmakonzern den Abbruch beider Gebäude im gleichen Zug mit dem Neubau des dritten Roche-Towers von Herzog & de Meuron. Der Abbruch sei nötig für die Verwirklichung eines offenen, grünen Parks, hiess es damals. Für einen Park jedoch der, wie sich jüngst herausstellte, der Öffentlichkeit nicht zugänglich sein wird! Seines bauhistorisch gewachsenen und damit nachvollziehbaren Kontexts beraubt, soll als einsame Reminiszenz an die bedeutsame Arealgeschichte einzig das Verwaltungsgebäude (Bau 21) von Salvisberg erhalten bleiben.

Basel schweigt weitgehend

In Basel herrscht weithin Schweigen zu diesem Angriff auf die Baukultur. Es scheint fast, als habe das enorme wirtschaftliche Gewicht des Pharmakonzerns und seiner Architekten nicht nur dem Basler Regierungsrat, sondern auch den lokalen Medien, Parteien und Architektenverbände (mit der löblichen und mutigen Ausnahme von Architekturbasel) die Stimme verschlagen. Umso mehr soll hier dem Wort der Arbeitsgruppe «Tabula Rasa» Gehör verschafft werden. Sie fordert zusammengefasst in fünf Punkten:

1. Bauhistorische Dimension
Respekt vor der bauhistorischen Substanz und Berücksichtigung des kulturellen und damit gesellschaftlichen Mehrwerts der Baukultur für die Lebensqualität in der urbanen Landschaft.

2. Ökologische Dimension
Bestandsbauten müssen als Speicher bereits verbrauchter (endlicher) Ressourcen begriffen werden. Ökologisch verträgliche Umnutzungs- und Erweiterungsstrategien sind zu prüfen.

3. Gesellschaftlicher Mehrwert
Der durch die Bauplanung erzielte unmittelbare und zukünftige Mehrwert für die Stadt und ihre Bewohner ist genauestens zu überprüfen.

4. Städtebauliche Angemessenheit
Bestand und Dimension der bereits vorhandenen Umgebung sind der Richtwert für eine angemessene Einpassung von Neubauten.

5. Kulturökologische Verantwortung
Historischer Baubestand und ökologische Verantwortung sind als Einheit zu betrachten. Bauen mit dem Bestand ist als Teil der jetzt benötigten Kultur einer ökologisch nachhaltigen Gesellschaft zu begreifen.»

Autorinnen dieses Positionspapiers sind die Mitglieder der «Arbeitsgruppe Tabula Rasa»: Barbara Buser, Basel; Florin Gstöhl, Bern; Dorothee Huber, Basel; Bernd Nicolai, Bern; Thomas Steigenberger, Berlin/Bern; Hans-Peter Thür, Basel und Christof Wamister, Basel.

werk, bauen+wohnen schliesst sich diesem Aufruf an und fordert alle an Baukultur Interessierten auf, ihre Stimme zu erheben. Dies ist keine lokale Basler Angelegenheit, sondern eine Auseinandersetzung von gesamtschweizerischer Bedeutung.

— Daniel Kurz
© Caspar Schärer
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